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Alexander Herrmann – Wirsberg (Oberfranken)

Auszeichnung: 2021 – Wirsberg

Laudatio

Er ist seit vielen Jahren ein kulinarischer Botschafter der fränkischen Region. Erst ließ er nur in der eigenen Heimat aufhorchen, nicht zuletzt in Wirsberg, aber mittlerweile schätzt man ihn auch außerhalb. Die Suche nach ihm gestaltet sich meist schwierig und aufwändig, er ist selten zu finden. Er ist nicht gerade günstig, aber er ist seinen Preis wert. Er gibt zahlreichen Gerichten erst die wahre Finesse. Zusammengefasst in wenigen Worten: Er ist eine echte Delikatesse aus Franken.

Der Fränkische Schiefertrüffel, sehr geehrte Damen und Herren, von dem hier die Rede ist, gehört zu den heimlichen Stars der regionalen fränkischen Küche. Und von dieser heimischen Köstlichkeit ist es nicht weit zur Sterneküche von Alexander Herrmann, der ihn zu einem wahren Kultprodukt seines Hauses gemacht hat, sei es in der Bratwurst, als Süppchen oder als raffinierte Paté.

Der edle Pilz aus Franken ist nur ein Beispiel für die Renaissance der regionalen Esskultur wie sie Alexander Herrmann in Wirsberg geprägt hat: mit einer eigenen und unverwechselbaren kulinarischen Handschrift und mit innovativen und überraschenden Kreationen auf höchstem Niveau, ohne freilich seine Wurzeln zu vergessen.

Das Konzept, exquisite Spitzengastronomie mit regionaler Identität abseits der angesagten Metropolen im beschaulichen Wirsberg anzubieten, erforderte neben viel Arbeit und reichlich Können auch einigen Mut und eine gehörige Portion fränkisches Durchsetzungsvermögen. Aber der Erfolg gibt ihm Recht. Von weit her kommen die Gäste, einzig aus dem Grund, um sich von Herrmanns Küche kulinarisch verwöhnen zu lassen.

Das feine Gourmetrestaurant im Luftkurort an der Schorgast blieb natürlich auch den Testern des Guide Michelin nicht verborgen. Dem ersten Stern im Jahr 2008 folgte 2019 der langersehnte zweite – ein Traum wurde wahr für Alexander Herrmann, seinen kongenialen Küchenpartner Tobias Bätz und die ganze Wirsberger Mannschaft, deren tollen Zusammenhalt er zu würdigen nicht müde wird. Eine Auszeichnung zugleich für die tüchtigen Erzeuger aus der Region mit ihren exzellenten Produkten, von denen er die meisten seiner hochwertigen Zutaten bezieht. So trägt er mit Motivation und Leidenschaft den guten Ruf der Genussregion Oberfranken hinaus in die weite Welt und lässt sie staunen, was es in der angeblichen Provinz Gutes zu entdecken gibt.

Das gastronomische Gen wird bereits seit 1869 in der Familie weitergegeben, als man den seinerzeitigen alten Poststall am Wirsberger Marktplatz übernahm. Auch Alexanders Eltern waren tüchtige Wirtsleute. Der Bub wuchs mit ihnen und den Großeltern unbeschwert auf inmitten der Übernachtungsgäste, Köche, Hausdamen, Hausmeister, Servicekräfte und Stars wie Udo Jürgens, die schon zu dieser Zeit vornehmlich während der Bayreuther Festspielwochen gerne bei den Herrmanns einkehrten und etwas Glanz nach Wirsberg brachten.

Die heile Welt zerbrach mit dem plötzlichen Unfalltod seiner geliebten Eltern, als er gerade einmal neun Jahre alt war. Im Rückblick gesehen, so resümiert er in seiner letztes Jahr erschienenen Autobiographie, lehrte ihn dieser schreckliche Schicksalsschlag, die guten Momente im Leben viel stärker wertzuschätzen und nicht als selbstverständlich zu erachten. Alexander Herrmann ist kein fränkischer Jammerer, sondern ein Optimist. Die Notwendigkeit, das Leben ohne den Rückhalt der Eltern meistern zu müssen, prägte in ihm Eigenschaften wie Anpassungsfähigkeit, Vielseitigkeit, Beharrlichkeit, Standhaftigkeit, Beweglichkeit, Selbstbewusstsein, Gelassenheit und Heiterkeit – genau jene Eigenschaften also, die Hans Max von Aufseß mit den Begriffen wendig, witzig und widersprüchlich so treffend beschrieben und als Markenzeichen des „Gewürfelten Franken“ ausgemacht hat.

Dreimal mit dem „W“ beginnen auch markante Stationen seines Lebens- und Berufsweges: Wirsberg natürlich als privater und beruflicher Heimathafen, Wertheim-Bettingen, wo er in den Schweizer Stuben mit Fritz Schilling einen wichtigen Lehrmeister und die Bekanntschaft mit völlig neuen Geschmackserlebnissen fand, und schließlich Waging am See, wo er für einige Wochen einem prominenten Fernsehkoch namens Alfons Schuhbeck über die Schulter schauen durfte. Dass er Jahre später mit ihm gemeinsam vor einem Millionenpublikum bei „Kerner kocht“ im ZDF am Herd stehen würde, hätte er damals sicher nicht zu träumen gewagt.

Heute ist die regelmäßige Fernseh- und Radiopräsenz und die Bühnenshow vor Tausenden von Zuschauern selbstverständlicher Teil der Entertainerkarriere, die sich als zweites Standbein neben dem „Brot- und Butter-Geschäft“ in seinen Lokalen nach und nach entwickelt hat. Inzwischen ist Alexander Herrmann selbst einer der gefragtesten TV-Köche in Deutschland und gibt sich auch auf der großen Bühne des Fernsehens authentisch und nicht anders als im „echten“ Leben. Seinen fränkischen Zungenschlag hält er schon gleich gar nicht zurück.

Falls vor der Kamera einmal etwas schiefgeht, so wie bei der großen Silvestersendung 2007, als er beim Flambieren des Kalbsfilets eine Studiolampe zerstörte und überdies seine Augenbrauen verkohlte, trägt er das mit Humor und Selbstironie. Sogar für Quizshows am Samstagabend greift das Fernsehen gerne auf seinen Charme und seine Schlagfertigkeit zurück. Und wer wie er vor einigen Jahren bei „Verstehen Sie Spaß“ so schön auf den Arm genommen wurde, der ist ohnehin längst in den Olymp der Fernsehunterhaltung aufgestiegen.

Nicht so unterhaltsam war für Alexander Herrmann und seine Berufskollegen dagegen die Zeit seit dem Beginn der Corona-Krise, die der Gastronomie besonders viel abverlangt. Er wäre aber kein „Gewürfelter“, wenn er in der Krise nicht auch eine Chance gesehen hätte. So kreierte er kurzerhand die Feinschmeckerbox, also hochwertiges Essen zum Abholen und Fertigkochen am heimischen Herd, eine pfiffige Idee, die von den Gästen fantastisch angenommen wurde. Das hat ein wenig über die ärgste Zeit hinweggeholfen und ihn inspiriert, die „Sterneküche to go“ als eigenständiges Projekt auf Dauer zu etablieren.

Mit starken Wortmeldungen beteiligte er sich überdies am öffentlichen Meinungsaustausch über die Perspektiven von Gastronomie und Hotellerie in Zeiten von Corona – beim Online-Fachforum des Demographie-Kompetenzzentrums Oberfranken ebenso wie in der prominent besetzten Diskussionsrunde bei „Hart aber fair“, als er zur besten Sendezeit mit einem emotionalen Appell auf die dramatische Lage der gesamten Branche aufmerksam machte.

Lieber Herr Herrmann,

wie gerne hätte ich Sie heute nach einem Jahr geduldigen Wartens in vertrauter Weise und vor großem Publikum als neuen Träger des Frankenwürfels vorgestellt. Aber coronabedingt ist diese Verleihungsfeier leider nur in kleiner Runde möglich. Wie sehr wünsche ich mir, dass ich Sie im nächsten Jahr am 11. November bei uns in Oberfranken im großen Kreis der „Gewürfelten Franken“ begrüßen darf. Darauf hoffe ich und schließe mit einem herzlichen Gruß und Glückwunsch zur verdienten Auszeichnung mit dem Frankenwürfel.

HEIDRUN PIWERNETZ
Regierungspräsidentin von Oberfranken