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Winfried Hain – Karlstadt a. Main (Unterfranken)

Auszeichnung: 2004 – Colmberg

Laudatio

»Mach es kurz und lass die Lobhudelei weg!« gab Winfried Hain der Redakteurin mit auf den Weg, die über seine Verabschiedung am 31. Juli 2004 von der Kommandobrücke der Eisenwerke Düker in der Zeitung berichtete. »Mach es kurz und lass die Lobhudelei weg!« Das ist auch heute die Rede von Winfried Hain, einem unterfränkischen Urgestein, das in Laufach geboren wurde und dem seine Heimat Unterfranken, neben Laufach auch die Stadt Karlstadt am Main, so viel zu verdanken hat.

Doch wie soll ich mich kurz fassen, wenn ich einen Mann mit solch vielseitiger und bewegter Vita auszeichnen darf? Ein gestandenes, vielseitiges Mannsbild, das, in der fränkischen Lebensart verwurzelt, altfränkisch beharrlich ist, zugleich aber witzig, wendig und fähig ist, stets den sich wandelnden Umständen gerecht zu werden. Kurz ein Mann mit Ecken und Kanten, widersprüchlich, vielfältig, gewürfelt.

Von den Menschen im Untermaingebiet wird berichtet, dass sie unter allen Vertretern der fränkischen Gaue die leichteste Art zu leben haben. Redegewandt, aber nicht geschwätzig, offen und freundlich, aber nicht oberflächlich, sind sie den schönen Dingen des Lebens zugewandt, ohne zu vergessen, woher sie kommen und wem sie ihr Sein zu verdanken haben.

Ihr Geburtsort Laufach, lieber Herr Hain, nahe Aschaffenburg im Naturpark Spessart gelegen, ist von herrlichen Bergen, ausgedehnten Wäldern und reizvollen Wiesentälern umschlossen. Dort wuchsen Sie auf, gingen zur Schule und absolvierten eine Ausbildung als Former bei den Eisenwerken Düker. Es schloss sich ein Studium in Duisburg zum Diplom-Ingenieur an, das Sie sich – man höre und staune – als Nachtwächter, Foyeraufsicht und Statist im Opernhaus finanzierten.

Dass Sie Spross einer musikalischen Familie sind, wurde somit schon damals offenkundig. Im Jahre 1960 kehrten Sie nach dem Studium zu den Eisenwerken Düker zurück, wo Sie als Gießerei-Assistent begannen und nach einem langen Berufsleben schließlich die letzten sieben Jahre als Vorsitzender der Geschäftsführung der Eisenwerke Düker mit seinen Werken in Laufach und Karlstadt am Main die Geschicke der Firma als oberster Denker und Lenker bestimmten.

Die Firma Düker war ein großer Teil Ihres Lebens. »Düker ist Hain und Hain ist Düker!« So brachte Ihr Nachfolger Hezel Ihre Lebensleistung auf einen Punkt. Mit Ihrem großen Fach- und Marktwissen waren Sie stets darauf bedacht, die Wettbewerbsfähigkeit der Standorte Karlstadt und Laufach und damit die Arbeitsplätze Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sichern und auszubauen. Sie haben mit Ihrer Mannschaft gekämpft und gewonnen. Auch in schwierigen Situationen waren Sie gelassen und souverän.

Sie haben Ihren Mitarbeitern stets vertraut, Ihre Mitarbeiter haben Ihnen vertraut. Kreativität, das Einbeziehen Ihrer Mitarbeiter in die Entscheidungen und die gemeinsame Arbeit an den Unternehmenszielen waren die Schlüssel für Ihren beruflichen Erfolg.

Und der Vollständigkeit halber: Ihr Engagement in Kammern, Wirtschaftsvertretungen und berufsständischen Organisationen ist beispielhaft.

Herr Hain hat wie jeder andere auch seine Ecken und Kanten. Seine ganz besondere Art, mit Menschen umzugehen, zeichnet ihn aber besonders aus. Er war im Beruf weniger Respektsperson als vielmehr eine Persönlichkeit, der Achtung, Wertschätzung und Dank entgegengebracht wird.

Wer so in die berufliche Pflicht eingebunden ist, braucht auch eine »Insel«, auf der er sich entspannen, erholen und neue Kraft tanken kann. Als musisch begabter Mensch ist es Winfried Hain nicht schwer gefallen, seine Insel zu finden. über 25 Jahre lang leitete er den überregional bekannten Singkreis Karlstadt, der in Rundfunk und Fernsehen auftrat und aus dem Karlstädter Fasching nicht wegzudenken war. Als der Singkreis sich mehr der Folklore widmete, trat Winfried Hain von einer Combo begleitet mit zwei Mitstreitern als »Die drei Hainis« auf, die über »Die Bach-Sänger« mit fünf Herren in Frack und Zylinder schließlich Anfang der 80er Jahre in »Die Gebrüder Narr« einmündeten.

»Die Gebrüder Narr«, die wie »Waltraud und Mariechen« zum fränkischen Fasching gehören, sind eine eigene Geschichte, die den heutigen Rahmen sprengen würde. Es geht aber heute auch nicht um die Gebrüder Narr, sondern um Winfried Hain. Oder geht es doch um die Gebrüder Narr, wo sich Winni, wie ihn seine Freunde nennen, von einer ganz anderen Seite zeigt?

Beruflich im gedeckten Anzug, weißem Hemd, konservativer Krawatte und stets ordentlich frisiert, hat er im Fasching viele Gesichter: Penner, Anstreicher, Lakai, Plakatkleber, Weinbergsbäuerle. Er vermag es, jede Rolle mit Leben auszufüllen. Als Meister der gesprochenen und gesungenen Wortspielereien, gepaart mit fränkischem Humor, beherrscht er die Kunst der Parodie, die uns feinsinnig und hintergründig den Spiegel vorhält. Doch so wie Winfried Hain über andere und ihre Schwächen schmunzelt, so tut er das auch über sich selbst. Er vergisst nie, dass er zur Gattung Mensch gehört, die sich dadurch auszeichnet, dass jedes ihrer Exemplare Fehler macht und Missgeschicken unterliegt. Winfried Hain liebt es, spontan, lustig, witzig und humorvoll eine Situation zu nutzen.

Er ist ein gern gesehener Gast bei geselligen Veranstaltungen. Als geistreicher Plauderer zieht er seine Mitmenschen in den Bann, begeistert mit feinsinnigem Humor und gekonnter Schlagfertigkeit. Sein Talent, blitzschnell zu erfassen und zu reagieren, ist sprichwörtlich. Seine Spezialität und Stärke: Auch schwierige Themen rasch zu analysieren und daraus »in Minuten« einen scharfsinnigen, hintergründigen, humorvollen und geschliffenen Vortrag in Reimform auf hohem Niveau zu halten. So hat er z.B. oft nach Unternehmertagungen zur Freude seiner Kollegen das Protokoll in gereimten Versen vorgetragen.

Bei Winfried Hain vereinigt sich Humor mit Geist und Witz. Doch das wäre zu wenig, wollte man damit einen Menschen oder gar unseren neuen gewürfelten Franken beschreiben. In gleicher Weise kommen Herzensgüte, Geduld, Nachsicht und Menschenliebe hinzu. über sich selbst lachen können, natürlich bleiben, offen sein, Hilfsbereitschaft leben, anderen Freude bereiten, das sind die Zutaten, die Winfried Hain zu einem liebenswerten Menschen und echten Franken gemacht haben.

Ich habe mir erzählen lassen, Winfried Hain habe einen Herzenswunsch: Er möchte gerne hundert Jahre alt werden. Wie ich ihn kenne, gibt es für ihn kein »Das geht nicht!«

Was er unbedingt erreichen will und was ihm nicht durch den Haupteingang gelingt, probiert er durch den Hintereingang, Nebeneingang, Kellereingang oder gar durch den Kamin. Seine Hartnäckigkeit, Beharrlichkeit und Zähigkeit werden ihn zum Ziel führen. Sein ansteckender Humor und seine Fröhlichkeit, die aus dem Herzen kommt, werden ihm seinen Wunsch erfüllen. Da bin ich mir ganz sicher, ich wünsche es ihm von Herzen. Woher diese Zuversicht? Um das mit Shakespeare zu beantworten: »Der Heitere ist der Meister seiner Seele.«“

Dr. PAUL BEINHOFER
Regierungspräsident von Unterfranken