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Walter Vierrether – Kitzingen (Unterfranken)

Auszeichnung: 2011 – Neuses am Sand

Laudatio

Wie heißt es doch so schön? „Aller guten Dinge sind drei“. So wurde unser unterfränkischer Frankenwürfel-Träger 2011 in diesem Jahr zum dritten Mal für diese besondere Auszeichnung vorgeschlagen. Und nun in dem Jahr, in dem seine Heimatstadt Kitzingen mit der Austragung der kleinen Landesgartenstadt wochenlang im Mittelpunkt stand und er mit ihr, und in dem Jahr, in dem die Verleihungszeremonie im Landkreis Kitzingen stattfindet, war die Zeit reif für den Kitzinger Hofrat, der sich wie kaum ein anderer mit Kitzi identifiziert – Herr Oberbürgermeister Müller, Frau Landrätin Bischof, Sie beide natürlich mit eingeschlossen. So ist es mir eine besondere Freude, Ihnen Herrn Walter Vierrether aus der historischen Weinhandelsstadt Kitzingen am Main vorstellen zu dürfen. Wobei ich leicht daran zweifle, ob dies aufgrund seines Bekanntheitsgrades weit über die Stadtgrenzen Kitzingens hinaus überhaupt vonnöten ist.

Walter Vierrether wurde am 17.10.1951 in Würzburg geboren. Die Schnellrechner unter Ihnen werden sofort registrieren, dass er vor wenigen Wochen ein persönliches Jubiläum feiern konnte, seinen 60. Geburtstag. Walter Vierrether sagt von sich selbst, dass er als Sieben-Monats-Frühchen – als er das Licht der Welt erblickte – sehr klein war und in einen Maßkrug gepasst hätte. Was allerdings von Anfang an besonders gut funktionierte, war sein ausgeprägtes Stimmvolumen. Lautstark machte er sich damals als neuer Erdenbürger bemerkbar – ein Phänomen, das bis heute anhält. Von Statur ist er eher klein geblieben, was seinem gesunden Selbstbewusstsein aber keinerlei Abbruch tut. Als er einmal bei einer Veranstaltung wegen seiner Körpergröße aufgezogen wurde, antwortete er spontan, ganz in Vierrether-Manier: „Lieber klein und zackig als groß und dappig!“ Das Mundwerk läuft also seit 60 Jahren wie geschmiert.

Seine Kindheit und Jugend verbrachte Walter Vierrether in der Garnisonsstadt Kitzingen. Er ist also, wie er selbst immer sagt, ein Kitzinger „Aboriginel“. Er lernte Großhandelskaufmann, war für den Bocksbeutel-Weinvertrieb tätig und der letzte W 18 im Jahrgang 1971/72 bei der Bundeswehr. Bis 1989 war er bei den Raiffeisen-Kraftfutter-Werken als Disponent tätig. Bis dahin ein ganz gewöhnlicher beruflicher Werdegang. Doch in dem ehemals 68-er, mit einem Vater als Hausmeister in der Hill-Billy-Bar, groß geworden mit den Amerikanern, schlummerte mehr, und so nahm etwa im Frühjahr 1987 das Schicksal seinen Lauf. In einer Kitzinger Kneipe fiel in geselliger Runde der Vorschlag des damaligen Fremdenverkehrsreferenten Helmut Sessner, dass man doch als Gegenpol zum Volkacher Ratsherrn in Kitzingen eine Symbolfigur installieren müsse. Das Energiebündel Walter Vierrether, der bei der Kitzinger Karnevalsgesellschaft aktiv war und bereits als Gästeführer seine ersten Gehversuche gemacht hatte, wurde zum „Kitzinger Hofrat“ gekürt und im Juli 1989 von der Stadt Kitzingen als Leiter des Tourismusamtes eingestellt.

Die besondere Herausforderung der Doppelaufgabe „Leiter der Touristinformation“ und „Kitzinger Hofrat“ als Symbolfigur der Stadt füllt Walter Vierrether seither mit ganz besonderer Hingabe und viel Herzblut aus. Mit ihm hat Kitzingen einen ungeahnten Aufschwung in Sachen Tourismus genommen. Indiz dafür sind u.a. die rund 100 Hotelschiffe, die in diesem Jahr hier in Kitzingen vor Anker gegangen sind, eine stattliche Anzahl von hervorragend ausgebildeten Stadtführerinnen und Stadtführern, ein als „top“ ausgezeichneter Wohnmobilstellplatz am Main und nicht zuletzt die bereits eingangs von mir erwähnte Kleine Landesgartenschau, die Kitzingen in diesem Jahr im Bekanntheitsgrad ganz nach oben gebracht hat. Eröffnung und Abschluss der Tourismus-Saison werden jeweils mit einem besonderen Ereignis begangen. In seinem Wirken für die Stadt zieht er alle Register und weiß Gastronomen, Weinhändler und viele, viele andere für die Belange des Tourismus und sein Kitzingen insgesamt zu gewinnen. Der Tourismus in Kitzingen trägt die Handschrift von Walter Vierrether. So ist es kaum vorstellbar, welchen Verlust diese Stadt erleidet, wenn der Tourismusleiter – wie von ihm bereits angedeutet – in dieser Funktion in rund 3 Jahren aus den Diensten der Stadt ausscheidet. Wer allerdings Walter Vierrether kennt, weiß, dass er wohl als Hofrat auch darüber hinaus noch im Geschäft bleiben wird.

Ob live im Bayerischen Rundfunk oder bei Führungen, Empfängen, Weinproben und sonstigen Festivitäten, der d´Artagnon des Weinlandkreises – wie er sich selbst gerne bezeichnet -, dessen Kampfwerkzeuge nicht Degen oder Florett, sondern Bocksbeutel und flotte Sprüche sind, nimmt in- und ausländische Gäste wie auch die Bevölkerung in und um Kitzingen für sich ein und ist damit ein Sympathieträger der Region ohnegleichen. Der Kitzinger Hofrat ist das Aushängeschild der Stadt, ist Botschafter und Außenminister, ungeachtet dessen, wer unter ihm Oberbürgermeister ist. Wie es einem Hofrat gebührt, nennt er einen großen Hofstaat sein eigen. Er schart gerne seine Weinprinzessinnen um sich, die er liebevoll „seine Hühner“ nennt. Die königlichen Weinhoheiten lieben und schätzen ihn als Vater, Opa, Beichtvater oder Psychotherapeuten, je nachdem wo gerade der „weibliche Schuh“ drückt.

Wie es von einem ordentlichen Beamten des Freistaates, der ich bin, erwartet wird, komme ich bei all den offensichtlichen Verdiensten von Herrn Vierrether jetzt nicht umhin, den Kitzinger Hofrat anhand der Kriterien des Frankenwürfels abzuprüfen. Denn Ordnung muss schließlich sein!

Also beginnen wir mit dem Merkmal der Wendigkeit:

Das Wendige an Walter Vierrether drückt sich in seiner facettenreichen Persönlichkeit aus. Die hervorstechendste Eigenschaft ist dabei sicher sein lockeres, frechsympathisches Mundwerk, mit dem er Otto Normalverbraucher gleichermaßen einnimmt wie Persönlichkeiten aus Politik, Gesellschaft und der Unterhaltungsbranche. In Begegnungen mit Politgrößen wie dem ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog, den Altbundeskanzlern Kohl und Schröder oder Größen aus dem Showgeschäft wie Thomas Gottschalk oder der Mädlesgruppe „No Angels“ zeigt er keinerlei Hemmungen oder Berührungsängste. Dabei versteht er es, durch außergewöhnliche Schlagfertigkeit und bestechenden Wortwitz sein Gegenüber zu gewinnen. Bei seinen Besuchen in Kitzingen hat auch Ministerpräsident Horst Seehofer den unverwechselbaren Schabernack zu spüren bekommen.

Stets ist er allen Besuchern gegenüber gleichermaßen frisch, fromm, fränkisch, frei und bewältigt spielerisch den Spagat, sich auf jedem Parkett zurecht zu finden. Seine freche „Goschn“ nimmt ihm niemand übel, obwohl er zwar immer entwaffnend ehrlich und direkt ist, jedoch niemals taktlos und verletzend. Er trifft immer den richtigen Ton und wenn es die Situation erfordert, sprüht er vor Charme oder hat ein aufmunterndes Wort parat. Ausländische Gäste an der neuen Kitzinger Schiffsanlegestelle begrüßt und unterhält er bevorzugt mit einem Gemisch aus Deutsch und Englisch, besser gesagt auf „fränglisch“.

Es bereitet Walter Vierrether keinerlei Mühe, aus dem Stegreif Gedichte und Verse zu verfassen. Da kann es zur Nikolauszeit schon mal vorkommen, dass Walter Vierrether sein Hofratsgewand in dasjenige eines Nikolaus eintauscht und eine Stunde vor seinem großen Auftritt schnell ein paar Nikolausverse auf Toilettenpapier niederschreibt und damit erfolgreich ankommt. Sein Naturtalent in Sachen Improvisation ist unvergleichlich.

Das Witzige in seiner Persönlichkeit kommt vordergründig natürlich durch seinen Wortwitz und seine Schlagfertigkeit zum Ausdruck und augenscheinlich nicht zuletzt dadurch, dass er im Gewand eines Hofrates ständig als Handy-Dauertelefonierer am Mobiltelefon hängt oder dieses an ihm. Seinen Witz versprüht er besonders gerne auch am Mikrofon. Hat er ein solches einmal in der Hand, ist es ihm schwerlich wieder zu entreißen. So weiß ich nicht, ob es ratsam ist, Herrn Vierrether im Anschluss die Möglichkeit zu geben, über dieses Medium zu Ihnen zu sprechen. Wir laufen dabei möglicherweise Gefahr, dass die Gans kalt wird und wir nicht vor Einbruch der Dunkelheit unseren Nachhauseweg antreten können.

Walter Vierrethers Widersprüchlichkeit zeigt sich besonders im privaten Bereich, wenn er es überhaupt mal schafft, nicht Hofrat oder Leiter der Touristinformation zu sein. Dann kann man ihn mit Jeansjacke, Hard-Rock-Cappy und unrasiert durch die Stadt laufen sehen. Und wenn man das Glück hat, ihn auf einer Feier den selbstkomponierten „Kitzi-Rap“ singen zu hören, weiß man endgültig nicht mehr, in welche Schublade er letztendlich passt.

Es ist wohl nicht übertrieben zu behaupten, dass Walter Vierrether nicht nur einer der bekanntesten, sondern wohl auch einer der beliebtesten Kitzinger Bürger ist; stets lustig, hilfsbereit, großzügig, zugänglich, offen und freundlich im Umgang. Bereits zu seinem 50. und erst vor wenigen Wochen anlässlich seines 60. Geburtstages standen die Menschen vor dem Rathaus Schlange, um ihrem Hofrat persönlich zu gratulieren und ihm den Hof zu machen. Er ist einer von ihnen, der seinem Amt und der Weinsymbolfigur seinen ureigenen, fränkisch-kitzingerischen Stempel aufdrückt.

Liebe Gewürfelte, liebe Gäste, vielleicht fragen Sie sich bei all dem Lob über den grünen Klee jetzt, ob dieser Kitzinger Tausendsassa denn gar keine Schwächen hat. Und in der Tat: Eine klitzekleine Schwäche ist mir zugegebenermaßen dann doch zu Ohren gekommen. Man hört aus gut unterrichteten Kreisen, dass sein Geschick „am Schreibtisch“ ausbaufähig sei, was allerdings seiner Beliebtheit keinerlei Abbruch tut, denn nobody is perfect. Um es mit Mike Krüger auszudrücken, der unseren jungen Musikern von „Meeblech“ als Sänger vielleicht gar kein Begriff mehr ist: „Mein Gott, Walter!“

„Sich wenden, sich drehen, im Leben bestehen, so ist der gewürfelte Franke zu sehen“: Diese Inschrift auf dem Porzellanwürfel, den ich gleich überreichen werde, passt auf Walter Vierrether wie sein Renaissancebarett auf den Hofrat. So ist Walter Vierrether geradezu überfällig, in die Schar der Gewürfelten aufgenommen zu werden. Ich bin mir sicher, dass ihm wenige Minuten im Anschluss genügen werden, um Sie davon zu überzeugen, dass der heutige unterfränkische Preisträger ein wahrlich würdiger Gewürfelter ist.

Verehrter Hofrat,
ich darf Sie im Kreise der Frankenwürfelträger herzlich willkommen heißen!

Dr. PAUL BEINHOFER
Regierungspräsident von Unterfranken