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Volker Müller – Hergolshausen (Unterfranken)

Auszeichnung: 2008 – Zeilitzheim

Laudatio

Mit großem Vergnügen darf ich Ihnen den unterfränkischen Preisträger für den Frankenwürfel 2008 vorstellen: Volker Müller aus Hergolshausen im Landkreis Schweinfurt, Bäcker- und Konditormeister sowie Musikant der ersten fränkischen Boygroup »Häisd’n’ däisd vomm Mee«.

Wir wollen seine Eignung abklopfen anhand unserer Frankenwürfelkriterien: wendig, witzig, widersprüchlich.

WENDIG

Eigentlich hätte die 120 Jahre alte Bäckerei von Hergolshausen nicht die geringste überlebenschance haben dürfen, als in der vierten Generation dann ausgerechnet der Jüngste die Bäckerei von Vater Engelbert 1998 übernahm. Und – der heute 37jährige Volker Müller hat es zusammen mit seiner Frau Barbara mit immer neuen Ideen und Kreationen geschafft, dass sein Betrieb weit über den Landkreis Schweinfurt hinaus bekannt wurde.

Er versteht es, Tradition mit Innovation und Heimat mit Weltgewandtheit zu verbinden. Das beginnt schon mit dem Namen: EngelbertZ Outbeck Conditorei.

Als »Outback« bezeichnen die Australier die einsamen Regionen, die fernab der Zivilisation liegen. Als »Outbeck« bezeichnet Volker Müller seinen kleinen Betrieb. Die fränkische Bezeichnung »Beck« für Bäcker hat Müller in diesen Namen einfließen lassen. Herausgekommen ist die EngelbertZ Outbeck Conditorei. Ein Wortspiel, das Weltoffenheit und Tradition auf symbolische Art und Weise verbindet. Die Tradition unterstreicht der Name seines Vaters Engelbert im Titel.

»EngelbertZ Outbeck Conditorei« – ein Wortspiel, das am Anfang die Wenigsten verstanden. Heute ist der Volker Müller in Hergolshausen einfach »der Out-Beck.«

In der »EngelbertZ Outbeck Conditorei«, der Dorfbäckerei von Hergolshausen, gibt es »Weck und Brot«, aber eben auch eigene Pralinees aus der Hauskonditorei, »Chocolat Gourmet« oder »Chocolat Tanzania«. Die Schokolade darf auch mal nach scharfem Ingwer oder würzigem Chili schmecken. »Nur was mit Liebe gebacken und produziert wird, kann mit Leidenschaft genossen werden«, sagt Konditor- und Bäckermeister Volker Müller. Und manchmal gehört auch der Mut dazu, so wendig zu sein, sich auf neue Ideen einzulassen.

Auch aus dem kleinen Dorf Hergolshausen kann etwas für das weltberühmte Stadion in München kommen, die Allianz-Arena. Volker Müller rief den Betreiber der Allianz- Arena-Shops an, präsentierte den Prototyp der Allianz-Arena-Schokolade: Sechs Schokoladenrippen, auf denen sich jeweils reliefartig das schlauchförmige Stadion erhebt – die Idee kam im fernen München an, die Alleinproduktion war gesichert. So erobert ein Unterfranke die Fußball-Weit!

WITZIG

Volker Müller trägt meist Kopftuch nach Piratenart, seit er von einer etwas längeren Amerika-Tour zurückkam.

Und so ganz einschätzen lässt sich der »Outbeck von Hergolshausen« nie: Als im Juni 2000 das 111jährige Firmenjubiläum gefeiert wurde, kam das ganze Dorf zum Feiern in die Mainstraße. Hier auf dem Land ist man gut katholisch – und dem Volker Müller ist sein christlicher Glaube auch was wert. So gab es einen Festgottesdienst, zu dem auch alle Kunden und Geschäftspartner eingeladen waren. Nach der Predigt gab es eine riesige überraschung für alle Anwesenden. Nur der Bürgermeister und der Pfarrer wussten Bescheid. Nach der Predigt heiratete der Volker Müller seine Babs. Der Pfarrer war übrigens niemand anderes als unser Gewürfelter Roland Breitenbach aus St. Michael in Schweinfurt.

Die gelernte Werbekauffrau hat der Volker Müller beim Kreieren von Visitenkarten kennen- und dann schnell lieben gelernt. Da hatten sich zwei gesucht und gefunden, beruflich wie privat. Barbara Müller- Schleich ist die kreative Quelle im Haus. Sie ist für das Design zuständig, von Torten bis dekorativen Holzschachteln. Aber auch so blieb die Verbindung nicht ohne weitere ansehnliche Ergebnisse: Mara im August 2000, Savio im Juni 2002 und Elija im November 2003 ist das Terzett, das im Hause Müller-Schleich für noch mehr Leben sorgt.

Er hat aber noch einen Partner, der Volker Müller: sein Tenorhorn. Mit dem und seinem Gesang macht er sich in der Gruppe »Häisd’n’ däisd vomm Mee« bemerkbar, der zurzeit kultigsten 7köpfigen »Boygroup from the Lower East Side of the Main River«. Frisch, fromm, fröhlich, frech – fränkisch.

Mit seinen Musikfreunden zeigt Volker Müller, dass Volksmusik nicht langweilig sein muss, dass traditionelle Musik und aktuelle Texte gut zusammenpassen. Dass sich also auch hier mit viel Lausbubencharme und Schlagfertigkeit Tradition und das Leben unserer Tage verbinden lassen.

WIDERSPRüCHLICH

»Der Franke ist ein Gewürfelter« sagt Hans Max von Aufseß und gemäß seiner Maxime sind wir immer wieder auf der Suche nach den gewürfelten Franken, die eben nicht nur wendig und witzig sind, sondern die sich mit ihren Ecken und Kanten immer wieder drehen, die keiner so recht packen kann. Sie sind heimatverbunden, aber streben auch ins Weite, sie sind liberal und sie sind erfinderisch.

Das ist unser Volker Müller allemal. Er stellt ein Zelt neben seiner Bäckerei auf. Er holt einen Meisterkoch unter dem Motto »Schokoholics« und serviert Gerichte wie Riesengarnele mit weißer Schokoladensoße und in den Menüpausen lässt er ein dürftig bekleidetes Model mit Schokolade bemalen – eine süße fränkische Variante des allerweltsmäßigen »Bodypainting«.

Und er ist ein Mann mit Prinzipien: Er weigert sich, schon Mitte November Christstollen oder Nikoläuse anzubieten und er sieht das Leben ganzheitlich. Und so ist er im August 2007 mit seiner Frau und seinen drei Kindern nach Ecuador geflogen, um sich vor Ort die Kakaofrucht-Plantagen anzuschauen, die Quelle seiner schokoladigen Kreationen. Dabei zieht er Parallelen zum Fränkischen Wein und dessen Höhenflug. Einsatz für höchste Qualität habe den Frankenwein wieder nach vorne gebracht.

»Unser Weinberg liegt in Ecuador« sagt Volker Müller. Was für den Winzer der Weinberg ist, das sei für ihn die Kakaoplantage seines Partners Santiago Peralda, den er bei der Messe BioFach in Stuttgart kennengelernt hatte.

Biologisch angebaute Zutaten will er aus Ecuador nach Deutschland bringen, sie gewährleisten nicht nur, dass weniger Schaden an der Umwelt und an der Gesundheit der Arbeiter entsteht, sondern auch die Gesundheit des Verbrauchers geschützt wird. Rohmaterialien von kleinen, ecuadorianischen Erzeugern, die einen Preis für die Kakaobohne bekommen, der die Bauern für ihre harte Arbeit gerecht entlohnt. Und so entstand eine spezielle Schokolade, die Volker Müller »Edition FrankenWein« nennt.

Und auch das ist eine der vielen Seiten von Volker Müller: Für das Internationale Kinderfest in Würzburg stiftet er zum 50jährigen Jubiläum der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe einen riesigen Obstkuchen in Form einer Weltkarte, entworfen von Ehefrau Babs, zwölf große Blechkuchen als süßer Atlas.

Oder: Der gesamte Erlös des 24. Dezember, einem umsatzstarken Tag, wird gestiftet für Menschen in äthiopien oder für die Renovierung der Hergolshäuser Dorfkirche.

»Ja, dies ist die Geschichte von dem kleinen Bäckermeisterlein, der den Grundstein für eine Tradition in seiner Familie, für die folgenden Generationen legte. Beständig in seinem Tun für seine Familie zu sorgen, und seine Erfahrung an seine Kinder und dann deren Kindern weiterzugeben. Stetig seinen Weg zu gehen, wie das Wasser im Flussbett, das nie müde wird den Lauf zu nehmen, den es nehmen muss. Unser Flussbett ist unsere Familie und unsere Tradition, die uns stolz und stark macht.«

So hat Volker Müller das selbst ausgedrückt. Und so sind wir überzeugt: Volker Müller entspricht den Kriterien für den Frankenwürfel: er ist wendig, witzig, widersprüchlich. Volker Müller ist wahrlich ein Gewürfelter!

DR. PAUL BEINHOFER
Regierungspräsident von Unterfranken