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Ulrich Rach – Ansbach (Mittelfranken)

Auszeichnung: 2002- Sommerach

Laudatio

Ich darf Ihnen jetzt den mittelfränkischen Preisträger vorstellen, ein Franke durch und durch, mit all seinen Ecken und Kanten, beweglich und standfest zugleich, wendig und altfränkisch beharrlich nebeneinander, als Franke ein Phänomen des Widerspruchs, das aber auf heiter unbeschwerte Weise und mit ganz spitzer Feder. Seine ausgesuchten Glossen, die er regelmäßig unregelmäßig für die Nürnberger Nachrichten verfasste, veröffentlichte er in einem Büchlein mit dem bezeichnenden Titel »Ganz nebenbei – und voll daneben«.

Die Rede ist also von dem Neugewürfelten Ulrich Rach, geboren in Hof (Sie wissen schon, »in Bayern ganz oben«), jetzt in Ansbach zu Hause, sein Arbeitsplatz ist in Nürnberg, sein Metier das Schreiben.

Beruflich nahm alles seinen Anfang in Oberfranken, wo Ulrich Rach zum Redakteur volontierte. Er wurde Soldat und anschließend, durch persönliches Erleben Pazifist. Seinen Standpunkt vertretend setzte er sich mit persönlichen Erlebnissen innerhalb der Bundeswehr publizistisch auseinander. Als Pressesprecher der Rosenthal AG sammelte er weitere Erfahrungen, bevor er als Vertreter des Ansbacher Lokalchefs zur Fränkischen Landeszeitung nach Ansbach wechselte. Dort sammelte er wertvolle Berufs- und Lebenserfahrungen, sei es als Bettler verkleidet, mit falschem Bart und Perücke die Ansbacher Fußgängerzone beobachtend, sei es als Streikführer im Betrieb seines Arbeitgebers. Wie auch immer, diese Erfahrungen waren offenbar so tiefgreifend, dass er sich entschloss, sich innerlich treu zu bleiben, aber sich äußerlich zu wenden und nach Nürnberg zu einem Anzeigenblatt zu wechseln. Schließlich kam es wie es kommen musste – Qualität setzt sich ja bekanntlich immer durch: Ulrich Rach machte im Hause »Nürnberger Presse« Karriere. Dort ist er Redakteur und Leiter der Regionalredaktion einer Zeitung, die eine Vielzahl gegenseitiger Verlagsbeteiligungen und Kooperationen kennzeichnet. Berücksichtigt man dann noch gewisse lokale Empfindlichkeiten der beteiligten Akteure, so muss man wirklich gewitzt und wendig sein, um mehr als zwei Herren dienen und vor dem Leben mit Wahrhaftigkeit bestehen zu können.

Ulrich Rach ist nicht nur (politischer) Journalist, sondern auch Schriftsteller, Lyriker, Liedermacher, Lehrer für Yoga, Marathonläufer, Büttenredner, führender Kopf in der Laienbewegung des Bistums Bamberg, bekennender Großvater und vieles mehr.

In seiner Rubrik »ganz nebenbei« im Regionalteil der Nürnberger Nachrichten gelingt es ihm trotz ernster Themen immer wieder, Ernsthaftigkeit und Witz auf treffliche Art zu verbinden. Aber auch die Geschehnisse am Rande des Alltages, die kunterbunten Nebensächlichkeiten greift er – häufig in fränkischer Mundart – auf, um den Lesern den Spiegel des wahren Lebens in Franken vor Augen zu führen.

Das reicht dann thematisch vom Einkauf des »Bumberniggl im Bäggla« über »das Imädsch fränkischer Städte« bis zum »Blazzkaddn- Drama« in der Bundesbahn und schließlich zu der rechtstheoretischen Grundsatzfrage, ob das Schild »Reiten verboten « auch das Reiten auf einem Kamel verbietet.

Der Liedermacher Ulrich Rach war 1972 Preisträger des Liedermacher-Wettbewerbs im Bayerischen Rundfunk. 1990 erhielt er den Publizistik-Preis des Verbandes der bayerischen Bezirke. Gleichwohl blieb er kritischer Beobachter der Bezirksarbeit und natürlich auch anderer im öffentlichen Focus stehender Stellen.

»Was eint den Journalisten und den Faschingsnarren? « hat Ulrich Rach einmal gefragt. Und er hat auch gleich die Antwort gegeben: »Beide haben die Aufgabe, den Mächtigen, den Regierenden kritisch auf die Finger zu schauen und – wenn es nötig erscheint – bisweilen auch auf dieselben zu klopfen. Verbal versteht sich. Und den Angesprochenen, den aufs Korn Genommenen, wünschte er zumindest als Büttenredner Humor, damit sie den Spaß auch als Spaß verstehen. Aber das mit dem Spaß verstehen ist oft gar nicht so einfach, was man daran ersehen kann, dass Ulrich Rach als büttenredender »Markgraf im Hemde« bis heute in Ansbach keine zweite Chance erhalten hat.

In seinem Vorwort zu seinen gesammelten Glossen beschrieb Ulrich Rach das Schlimmste, was einem ambitionierten Journalisten widerfahren kann. Er steht am Fischstand, um zwei Heringe vom Grill zu erwerben. Und was macht die Verkäuferin, sie nimmt eine Zeitung und klatscht zwei fette Heringe mitten drauf. Aber das war nicht irgendeine Zeitung, es war seine Zeitung mit seiner Schlagzeile und seinem Artikel: »Wo sind die sieben Millionen Mark geblieben? – Affäre im …«. Es war sein Artikel, mit Herzblut geschrieben gegen alle Schwierigkeiten und Einschüchterungen. Und dieser Artikel verschwindet jetzt vor seinen eigenen Augen unter dem triefenden Fett zweier gegrillter Heringe.

Welch ein das eigene Innere in seinen Grundfesten erschütternder Widerspruch zwischen journalistischem Anspruch und fetttriefender Wirklichkeit. Und wie geht ein Wendiger und Gewitzter mit diesem Widerspruch um? Ulrich Rach gibt in seinem Vorwort selbst die Antwort und ich zitiere: »Ach ja – und so ein Erlebnis geht natürlich unter die Haut. Aber was kannst du tun, damit wenigstens ein paar deiner unter Schweiß und Tränen entstandenen Werke noch ein Weilchen vor dem Schuttabladeplatz der Zeit verschont bleiben? Wie kannst du sie retten vor dem Papierhaken im Klohäuschen oder vor dem Schicksal als Einwickelpapier für gebratene Heringe, Salatköpfe, Selleriewurzeln und frisch reparierte Alt-Schuhe?? Die Antwort: Du stellst ein Buch zusammen wie dieses.«

Wer so wendig, so witzig und so widersprüchlich ist, der hat sich um das Fränkische in besonderer Weise verdient gemacht, der hat sich den Frankenwürfel redlich verdient.

In Oberfranken groß geworden, in Mittelfranken zu Hause und in Unterfranken zum Gewürfelten ernannt. Ein wunderbarer fränkischer Lebenskreis. Herzlich willkommen im Kreise der Gewürfelten.

KARL INHOFER
Regierungspräsident von Mittelfranken