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Steffi Zachmeier – Nürnberg (Mittelfranken)

Auszeichnung: 2016 – Bad Windsheim

Laudatio

Der Frankenwürfel ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten an eine Vielzahl hochangesehener Persönlichkeiten verliehen worden, allerdings noch nie an eine Königliche Hoheit. Dies soll sich heute ändern. Begrüßen Sie mit mir und einem orkanartigen Applaus die „Königin der fränkischen Volksmusik“ (Ulrich Rach): Steffi Zachmeier.

Als „Königin“ wird Steffi Zachmeier bezeichnet, manchmal auch als die „Hüterin der fränkischen Volksmusik“ (NN vom 04.01.2010) oder die „Volksmusikikone schlechthin“ (Fritz Stiegler). Eines steht auf jeden Fall fest: Steffi Zachmeier hat ihr Leben der fränkischen Volksmusik gewidmet.

Und die fränkische Volksmusik ist ihr in die Wiege gelegt worden. Denn sie ist aufgewachsen in Nürnberg in einer musikalischen, tief dem Fränkischen verbundenen Familie. Ihr Vater, Erwin Zachmeier, hat bei den Loonharder Musikanten gespielt, war im Trachtenverein aktiv und lebte seine Leidenschaft für die Volksmusik als Volkmusikpfleger für Franken beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege. Diese Leidenschaft des Vaters für fränkische Volkskultur hat Steffi Zachmeier angesteckt. Als Referent für fränkisches Singen, Tanzen und Musizieren nahm der Vater seine Frau und seine drei Töchter mit bei fränkischen und bayerischen Musikveranstaltungen. Hier war die Devise Dabeisein und Mitmachen. Und die Töchter, vor allem die Mittlere, waren mitten im Geschehen. Mit neun Jahren erlernte Steffi Zachmeier ihr erstes Instrument: Das Akkordeon, das auch ihr Vater spielte. Neben dem Akkordeon spielte sie auch am Schlagzeug und sie sang. In einer kurzzeitigen Beziehungskrise mit dem Akkordeon – wie sie es selbst nennt – im Alter von 15 bis 20 Jahren – brachte sie sich selbst Kontrabass-Spielen bei, um dann aber wieder zu ihrer „Quetsche“ zurückzufinden. Steffi Zachmeier ist eben eine wendige Fränkin.

Steffi Zachmeier beließ es nicht beim Erlernen verschiedener Instrumente. Schon im Jugendalter trat sie mit volksmusikalischen Darbietungen an die Öffentlichkeit. Nach dem Wohnort Stein benannt, musizierte sie etwa zusammen mit ihrem Vater als Staaner Harmonikaduo (1975-1977), als Staaner Musikanten, später als Staaner Dreig`sang mit ihrer Schwester und ihrer Mutter.

Erste musikalische Experimente mit der volkstümlichen Musik wagte Steffi Zachmeier noch zu Schulzeiten mit dem Ensemble Ronhofer Bock- und Leiermusik. Dabei verbanden die vier Musiker Klarinettenmelodik mit den wiederentdeckten Instrumenten Dudelsack und Drehleier und untersuchten deren aktuell gegebene Popularitätschancen.

Ihrer Berufung folgend studierte Steffi Zachmeier im oberfränkischen Bamberg Musikethnologie, Volkskunde und Kommunikationswissenschaften, in ihren Worten „Volksmusik mit besonderer Berücksichtigung des fränkischen Raums“. Als frische „Magistra“ der Volksmusik übertrug man ihr 1991, nach dem Tod ihres Vaters, die kommissarische Leitung der Beratungsstelle für Volksmusik in Franken. Kurz sah es so aus, als würde sie in die Fußstapfen des Vaters treten. Doch sie suchte sich ihren eigenen Weg und zog ein Leben als freischaffende Künstlerin vor, als Musikvirtuosin, Moderatorin und Mundartautorin, als Bewahrerin, Behüterin und wilde Avantgardistin der fränkischen Volksmusik. Ja, Bewahrerin, Behüterin und Avantgardistin, weil die Volksmusik für sie eine lebende Kunst ist – wie auch die Sprache nicht starr in ihren bisherigen Worten und Mustern verharrt – und damit verbleibt die Volksmusik bei Steffi Zachmeier nicht nur in ihrer alten ursprünglichen Form, sondern wird von ihr auch weiterverwandelt. Spielerisch mischt sie unter volkstümliche Klänge das „ardito“ eines Tango argentino. Steffi Zachmeier ist eben widersprüchlich und witzig in ihrer fränkischen Art.

Um all ihren fränkisch widersprüchlichen Seiten gerecht werden zu können, schuf sich Steffi Zachmeier ein buntes Potpourri an verschiedenen Musikgruppen:

Die Fränkischen Straßenmusikanten gründete sie 1981 mit anderen hochkarätigen Musikern als Quintett. Sie lehnten sich, wie schon der Name andeutet, an der Zunft der fahrenden Spielleute an, die im Mittelalter ihren Lebensunterhalt durch musikalische Darbietungen bestritten. Die Fränkischen Straßenmusikanten bestehen – im Wesentlichen – bis heute. Viel bekannt und preisgekrönt beim Wettbewerb Fränkischer Liedermacher (1998) ist ihr Lied “ Unter an Kerschabaam“.

Mit der Gruppe „Allerweil“ spielt Steffi Zachmeier seit 1999 fränkische Wirtshausmusik.

Mit dem Duo Phlox – gegründet mit der Gitarristin Wilgard Hübschmann – verbindet sie seit 2009 fränkisch-bayerisches mit weltmusikalischen Einflüssen. Aus Süd- und Nordeuropa, aus Asien, aus Nord- und Südamerika stammen die Klänge. Die zeitliche Dimension erstreckt sich von Musik des 16. Jahrhunderts bis zu New Classics-Titeln.

Seit 2012 sorgt sie mit dem Sextett „Ollapodrida“ für musikalischen Gaumenschmaus. In dessen Genuss kamen wir schon bei der Frankenwürfel – Verleihung 2013.

„Steffis kleine Zachmusik“ ist ein Ensemble mit unterschiedlicher Besetzung, das 2000 von Steffi Zachmeier gegründet wurde und schon manch voll besetzte Gaststätte in ekstatische Stimmung versetzt hat. Und das hört sich dann folgendermaßen an:

„Bridscherbraad, bridscherbraad, sabbn´s rum in mein Salad, reißn aus die schennsten Blumma, däss des Greina kennt mer kumma.“

Bei all ihren Aktivitäten sieht Steffi Zachmeier die musikalische Tradition in Franken total unverkrampft. Obwohl Steffi Zachmeier der „echten Volksmusik“ verhaftet ist, hat sie keine Vorbehalte gegenüber der viel geschmähten „volkstümlichen Musik“. „Wenn da ein paar Hanserla oben stehen und eine komische Show machen, dann ist das bescheuert, egal was für ein Lied sie singen. Wenn das Lied vom Moik aber beim Stammtisch gesungen wird, weil sie das mögen – warum denn nicht? Wenn es die Leute anpackt und für sie etwas bedeutet, dann hat jeder das Recht sich die Musik zu suchen und zu machen, die ihm gefällt.“

Neben den musikalischen Auftritten ist Steffi Zachmeier in ihrer fränkischen Wendigkeit auch bekannt und beliebt für die Moderation der Volksmusiksendung Heimat „Fränkisch vor 7“ beim Bayerischen Rundfunk.

In ihrem Zachmusik-Shop mit dem Namen „Volksmusik aus Franken und drumrum“ begann sie 1993 den umfangreichsten und besten Versandhandel an Noten, Tonträgern und Tänzen.

Und Steffi Zachmeier ist eine „Jägerin verlorenen Liedguts“ (NZ vom 20.08.2011) und ebenso eine Jägerin verlorener Tänze. Zusammen mit Gleichgesinnten, rekonstruiert und lehrt sie längst vergessene Tänze, wie z.B. die Lance, ein Formationstanz der Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts in der Nürnberger Region bei vielen festlichen Anlässen mit Begeisterung getanzt wurde.

Kein Wunder, dass sie bereits 2009 den Kulturpreis des Frankenbundes erhalten hat.

Wie ließe sich dieses wendige, witzige und widersprüchliche Leben für und mit der fränkischen Volksmusik besser zusammenfassen, als in der Liebeserklärung unseres Frankenwürfelträgers Fritz Stiegler: Steffi Zachmeier ist ein „wandelnder Unruheherd, immer was Neues im Schilde führend. Traditionell, dann wieder modern. Manchmal suspekt. Sie lebt ihre Musik, sie liebt die Instrumente auf denen und mit denen sie spielt, als wäre sie Eins mit ihnen. Ihre Leidenschaft überträgt sich auf ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Wie eine Spinne webt sie die Netze, in denen sich die Vertreter der sogenannten reinen Lehre verfangen. Mit Volkstümelei hat sie nichts am Hut. Mit Können, Witz und ihrer fränkischen Bescheidenheit verfolgt sie ihre Ziele wie ein spätblühender Haselnussstrauch, der es schafft eine ganze Plantage zu bestäuben.“

Sehr geehrte Frau Zachmeier,
herzlich willkommen, im Kreise der alt und neugewählten Gewürfelten.

Dr. THOMAS BAUER
Regierungspräsident von Mittelfranken