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Philipp Simon Goletz – Untersteinach (Oberfranken)

Auszeichnung: 2007 – Bad Windsheim

Laudatio

Es kommt recht selten vor, dass man einen ausgewachsenen Komödianten und Kabarettisten sprachlos erlebt, zumal wenn es sich dabei um einen schlitzohrigen Wortverdreher wie Philipp Simon Goletz handelt. »Do hobt ihr mich oba etz fei kolt erwischt«, bekannte der neue oberfränkische Gewürfelte ganz freimütig am Telefon, als er von seinem Glück erfuhr, und brauchte erst einmal eine Weile zum Durchschnaufen. Ob ihn nun die Aussicht auf lebenslangen Gänsebraten am Martinstag zum Schweigen brachte oder er sich schon einige launige Erwiderungsworte zurecht gelegt hat, das bleibt wohl sein Geheimnis. Er wird sich schon wieder erholt haben und den Würfel heute in fränkischer Würde entgegen nehmen können.

Philipp Simon Goletz kam in der Bier- und Brodwäschd-Stadt Kulmbach zur Welt und ist im benachbarten Untersteinach heimisch geworden. Der oberfränkische Humor wurde ihm scheinbar in die Wiege gelegt, auch wenn er als Bankkaufmann, Musikfachlehrer und Journalist erst einmal in »anständigen« Berufen gearbeitet hat. Schließlich aber machte er seinen Lebenstraum wahr, wurde Berufsmusiker und gründete seinen eigenen Musikverlag. Fortan führten ihn seine Auftritte durch halb Europa, ein Global Player der fränkischen Comedy sozusagen.

Bald wurden Funk und Fernsehen auf ihn aufmerksam. Bei SAT 1 ist er in einer TED-Abstimmung zum »besten Alleinunterhalter in Deutschland« gekürt worden und erhielt den Siegerpokal aus der Hand von Margarethe Schreinemakers. Zeitgleich schrieb er Musik für Gruppen und Solisten, die mit seinen Songs bemerkenswerte bundesweite Erfolge feierten wie z.B. beim Grand Prix der Volksmusik oder beim Wettbewerb »Lieder so schön wie der Norden«. Durch seine Auftritte als Entertainer und Sänger bei »Fastnacht in Franken« und »Weiß-Blau klingt’s am schönsten « im Bayerischen Rundfunk wurde er auch hierzulande schnell bekannt. Die Radiosender standen Schlange, um den Botschafter fränkischer Lebensart in ihre Dienste zu nehmen. Bei RTL Radio war er Gag-Autor und kalauerte sich mit seinen Musikspäßen in die Ohren der Hörer von Antenne Bayern, bis ihn der Bayerische Rundfunk als »Bayern 1-Barde « für sein Team gewann. Der bekennende Frankenwäldler ist als Gstanzlsänger, Schnellreimer und Dialekt-Tausendsassa weit über Bayern hinaus bekannt und beliebt. Bei der Bayern 1-Sommerreise tritt er vor mehreren tausend Zuhörern als die fränkische Antwort auf Willi Astor und Fredl Fesl auf. Wem es wie ihm gelingt, auf so geschickte Weise ganz Altbayern zu unterwandern und mit fränkischem Frohsinn ein klein wenig rot-weiß einzufärben, der hat allen Respekt für seine gewürfelte Beharrlichkeit verdient.

Weil es Philipp Simon Goletz aber am besten gefällt, wenn er allen seinen Zuhörern ins Gesicht sehen kann, hat er vor ein paar Jahren ein »Versucherla« gestartet. Als »Frankensima « hat er seine Auftritte an die Basis verlegt, in urige Wirtshäuser und Vereinssäle zwischen Aschaffenburg und Passau, wo er den direkten Kontakt mit seinem Publikum genießt. Mit hintergründigem Blödsinn geschnitzt aus knorriger Frankenwaldfichte hat er seine ganz eigene humoristische Marktlücke entdeckt. In kürzester Zeit wurde er mit seinem Wirtshauskabarett zum Publikumsmagneten und spielt inzwischen schon sein fünftes Programm. Er kommt deshalb so gut an, weil sich seine Zuhörer in dem Dargebotenen wiederfinden; er schaut dem Volk aufs Maul und breitet die Dinge des Alltags offen vor den Menschen aus. Dabei lässt sich der Untersteinacher in keine Schublade stecken. Er ist Komödiant ebenso wie Liedermacher, er ist Barde und Kabarettist zugleich. Immer wieder baut er die aktuelle Bundes- und Landespolitik in sein Programm ein. Auf die Frage nach dem gestiegenen Preis fürs Rasieren verblüfft ihn sein Friseur: »No ja, seit der letzten Wahl sind halt die Gesichter wieder länger geworden!«

Obligatorisch im Handgepäck dabei sind Akkordeon, Gitarre, Ukulele und »Kufferbumbl «, ein zur Fußtrommel umfunktionierter alter Reisekoffer. Auch wenn ihm anscheinend alles sehr leicht über die Lippen kommt, steckt dahinter manch sprachliche Höchstleistung. Der Frankensima spielt mit Worten und Noten, wobei er die Gäste besonders mit seinem »Franconian English« gerne unterhält. Da wird aus dem »Bürgermeister« der »Burger King« und mit »Table-Striptease« ist ganz einfach nur ein Auszieh-Tisch gemeint. Alles und jeden nimmt er auf die Schippe. So verwandelt er sich, mit einem roten Kopftuch auf dem Haupt, in seine »Dande Beddi« (Tante Betty), eine gastronomische Allzweckwaffe, bisweilen etwas schwerhörig. Oder tut sie nur so? Hört sie im Normalfall doch immer gerade das, was sie nicht hören soll! Jedenfalls entwickeln sich auf diese Weise höchst unterhaltsame Dialoge, während es die Zuhörer vor lauter Begeisterung nicht mehr auf den Stühlen hält. Wer schon einmal einen Abend mit dem Frankensima erlebt hat, der weiß, dass er sich am nächsten Morgen auf einen gehörigen Bauchmuskelkater gefasst machen muss.

Die Herkunft aus dem Kulinaria-Mekka Kulmbach bringt ihn anscheinend immer wieder zurück zu seinem Lieblingsthema, nämlich der Wurst in allen Variationen, inklusive Schäufala und Schlachtschüssel, von der er stundenlang singen könnte. Und wenn er zu einem anderen Thema wechselt, dann zu seinem zweitliebsten, dem Bier, oder besser gesagt dem Freibier, das auf jedem Kontinent einen gleich hohen Stellenwert genießt. Er bezeichnet sich selbst als »Bieromane« und »Bratwurstjunkie«, auch wenn sein Italiener in Untersteinach eine Pizza nach ihm benannt hat. Nicht mit Schweinskopf und Siedwürsten belegt, wie man vermuten könnte, sondern mit Schinken, Ananas, Kapern und marinierter Paprika: ein wenig süß, ein wenig sauer, aber vor allem schmackhaft und deftig – so wie es der Frankensima als Kabarettist und Comedian auf der Bühne eben auch ist. Als Koch will sich Philipp Simon Goletz aber selbst nicht in Szene setzen, höchstens als Ideenlieferant für weitere kulinarische Höhenflüge: einen Metzger-Toast hat er bereits kreiert, wie er augenzwinkernd erzählt – eine dicke Scheibe roter Pressack zwischen zwei panierte Schnitzel gezwickt. Schmeckt hervorragend und passt in jeden Diätplan!

»Greina könnt’st vor Freud«, so lautet der Titel des zweiten Buches von Philipp Simon Goletz, in dem er zum Vergnügen seiner Fans eine ganze Reihe seiner Wirtshausgeschichten und anderer Episoden nicht nur aus dem Kulmbacher Land zu Papier gebracht hat. Sonst ist er es, der seinem Publikum vor lauter Lachen das Wasser in die Augen treibt. Vielleicht fließt ja heute auch bei ihm die eine oder andere Freudenträne, wenn er als Jubiläumsoberfranke, nämlich als Fünfundzwanzigster, mit der Verleihung des Frankenwürfels den fränkischen Ritterschlag erhält. Wendig, witzig, widersprüchlich – so ist Philipp Simon Goletz; fränkisch, freundlich und frech – so der Frankensima. Ich heiße Sie, lieber Herr Goletz, herzlich willkommen im Kreis der Gewürfelten Franken!

WILHELM WENNING
Regierungspräsident von Oberfranken