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Dr. Fritz Steigerwald – Bad Neustadt a.d. Saale (Unterfranken)

Auszeichnung: 1996 – Ebelsbach

Laudatio

Was ist das für ein Zeitgenosse, der Steigerwald heißt, seit über 26 Jahren in der Rhön lebt und arbeitet und dessen Vorfahren väterlicherseits seit Generationen aus dem Kahlgrund und mütterlicherseits aus dem Landkreis Würzburg stammen.

Die Rede ist von Dr. Fritz Steigerwald, Landrat im Rhön-Grabfeld-Kreis und nicht nur wegen seiner weitreichenden fränkischen Wurzeln ein Gewürfelter durch und durch.

Den Frankenwürfel hätte er allein schon deshalb verdient, weil er trotz vieler Widerstände das »Rhön-Zügle« erfolgreich wiederbelebt hat, das am vorletzten Wochenende zum letzten Mal in diesem Jahr von Ostheim nach Fladungen »gezuckelt« ist, direkt ins fränkische Freilandmuseum, das es ohne Dr. Steigerwald ebenfalls nicht gäbe. Viele haben ihn wegen dem »Museumsbähnle« belächelt, aber er war und ist seiner Zeit ja immer ein bisschen voraus. Neulich ging er erst auf Beutezug nach Schweinfurt und hat den »Schnüdeln« ein Prachtexemplar von Dampflok »abgeluchst«. Dr. Steigerwald stellt seine sprichwörtliche Wendigkeit und Widersprüchlichkeit im politischen Tagesgeschäft ständig unter Beweis, so z.B. als er sich höchst persönlich zur Gleichstellungsbeauftragten am Landratsamt kürte, weil er sich seiner zahlreichen weiblichen Wählerschar ganz besonders verpflichtet fühlt. Sollten Sie den Landrat von Rhön-Grabfeld zu einer Feierlichkeit einladen wollen, dann gebe ich Ihnen folgenden Rat: Laden Sie ihn immer ein bisschen früher als die anderen Gäste ein. Dr. Steigerwald trägt nämlich nie eine Uhr und ist berühmtberüchtigt dafür, dass er zu fast allen Veranstaltungen zu spät kommt, aber als korrekter Mensch dafür wieder »e’ bissle« früher geht – zur nächsten Veranstaltung versteht sich, getreu nach dem Wahlspruch »Macht Euch verrückt«. Kreisräte und Bürgermeister berichten allerdings, dass bei den jährlichen Informationsfahrten am Wochenende Dr. Steigerwald peinlich genau darauf achtet, dass der Sonntagsgottesdienst nicht versäumt werden darf, selbst wenn er dann während des Gottesdienstes einschläft. Sein Motto: »Hauptsache, das Gewissen ist beruhigt.«

Wenn in einem Rhöner Dorffest rot-weiße statt weiß-blaue Zunftbäume stehen und rot-weiße statt weiß-blaue Tischgarnituren aufgetragen sind, dann gibt es dafür eine einfache Erklärung: Hier hat der Landrat persönlich nachgeholfen. Er hat bei einheimischen Blaskapellen noch stets moniert, wenn diese zur Steigerung der Stimmung im Festzelt gesungen haben: »Oans, zwoa, drei, gsuffa«. Seine Zurechtweisung, es müsse heißen: »Ees, zwä, drei, gsuffe«, hat er sich schon manche Runde für die Kapelle kosten lassen.

Im Sprachschatz von Dr. Steigerwald gibt es auch die Worte »Bräustüberl«, »Schmankerl «, »Hendl«, »Würstel«, »Knöcherl«, »Obatzter«, »radeln« usw. nicht. Er verwendet stets den fränkischen Begriff. Wenn es diesen wie bei »radeln« nicht gibt, dann heißt es halt schlicht »radfahren«. Speisekarten mit nicht heimischen Bezeichnungen sind ihm ein Dorn im Auge. Damit es, wenn’s ums Essen geht, die Wirte lernen, hat er unmittelbar nach seiner Wahl zum Landrat zusammen mit der Wirtschaftsabteilung der Regierung den Prospekt »Mei Leibspeis« initiiert, der nun schon seit fast 20 Jahren in der Rhönwerbung hunderttausendfach vertrieben wird. Wen wundert es dann noch, dass der fränkische Lokalpatriot einem 1. FCN-Fanclub beigetreten ist, und zwar genau in dem Jahr, in dem der »Club« aus der 1. Bundesliga abgestiegen ist.

Auch sein äußeres verrät ihn als typischen Franken. Nicht nur in der Politik, auch in der Wahl seiner Kleidergröße gibt Dr. Steigerwald nicht gerne nach. Er kauft seine Bekleidung immer zu knapp, weil er abnehmen will; schafft es jedoch nie, weil er halt’ gerne isst und trinkt. Auf seine kahle Stirn angesprochen, antwortet er: »Auf einer belebten Straße wächst kein Gras.«

So ist er eben, Dr. Steigerwald, der Wendige, der Witzige und der Widersprüchliche, meinen Sie nicht auch?

Dr. FRANZ VOGT
Regierungspräsident von Unterfranken