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Dr. Ulrich Maly – Nürnberg (Mittelfranken)

Auszeichnung: 2021 – Ansbach

Laudatio

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

liebe Alt- und Neugewürfelte,

heute wird der Frankenwürfel 2020/2021 unter immer noch coronabedingt besonderen Bedingungen verliehen. Aber das soll uns nicht davon abhalten, das jährliche fränkische Hochamt zu begehen und die Neu-Gewürfelten angemessen zu würdigen.

In diesem Jahr hat es für den „fränkischen Nobelpreis“ Dr. Ulrich Maly getroffen, Alt-Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg. Getroffen ist dabei wörtlich zu verstehen, denn für Franken gibt es fast nichts Schlimmeres als Lob und Anerkennung und so hat denn Uli Maly in der Vergangenheit alle staatlichen Auszeichnungen abgelehnt mit Ausnahme von ausländischen Ehrungen, zu deren Annahme er sich aus übergeordneten Gründen verpflichtet gefühlt hat, wie zum Beispiel den Verdienstorden „Commendatore della Repubblica Italiana“, den französischen „Ordre national du Mérite“ oder das polnische „Kavalierskreuz“. Daher heute „trotzdem“ herzlichen Glückwunsch zur Verleihung des Frankenwürfels, lieber Herr Dr. Maly.

Vieles aus dem Leben von Dr. Ulrich Maly ist öffentlich bekannt:

In Nürnberg geboren und aufgewachsen, ist Dr. Ulrich Maly Franke durch und durch, den Menschen hier eng verbunden und trotz seiner Erfolgsgeschichte bescheiden, uneitel und volksnah geblieben.

Seit seiner Jugend ist er politisch, ehrenamtlich und persönlich hoch engagiert – so etwa als Vorsitzender des Kreisjugendrings Nürnberg-Stadt in den 1980er Jahren. Er studierte in seiner Heimatstadt – an der Universität Erlangen-Nürnberg – Volkswirtschaftslehre, an der er 1990 auch promoviert wurde. Im selben Jahr wurde er Geschäftsführer der SPD-Stadtratsfraktion, von 1996 bis 2002 war er Kämmerer der Stadt Nürnberg, 2002 bis März 2020 deren Oberbürgermeister, der so einiges angestoßen hat, wie etwa eine „Kultur des partnerschaftlichen Miteinanders“ (IHK-Präsident Dirk von Vopelius) in der „Metropolregion Nürnberg“, das Bemühen um eine solidarische Stadtgesellschaft oder die Weiterentwicklung der Erinnerungskultur in der Stadt Nürnberg.

Ulrich Maly war und ist nicht nur in seiner Stadt sehr beliebt, was auch seine Wahlergebnisse belegen, sondern genießt auch landes- und bundesweit höchste Anerkennung. Er war Präsident des Deutschen Städtetags und Vorsitzender des Bayerischen Städtetags. 2018 ergab eine Umfrage, dass Ulrich Maly der beliebteste Großstadtbürgermeister Deutschlands sei. Schon fast ehrfürchtig wird er als „Obama von Nürnberg“ (Stadtrat Titus Schüller) oder „Lichtgestalt“ (Ministerpräsident Dr. Markus Söder) tituliert.

Seit Mai 2020 ist er jetzt tatsächlich Ruheständler, nicht irgendein Ruheständler, sondern – wie könnte es anders sein – das Paradebeispiel dafür, wie gelingender Ruhestand geht.

Aber: für diese steile Karriere und all‘ die verschiedenen Funktionen, die er innehatte, gibt es natürlich keinen Frankenwürfel. Da muss noch etwas hinzukommen, nämlich die fränkischen Grundeigenschaften: witzig, wendig, widersprüchlich. Nähern wir uns daher dem Phänomen Uli Maly nach diesen Voraussetzungen:

Da wäre zunächst das Witzige: Dr. Ulrich Maly ist nicht nur ein kluger und belesener Mann, er ist auch ein zugewandter, freundlicher und dialogbereiter Zuhörer, ausgestattet mit außerordentlichem Witz und Humor. Alle seine Reden, egal ob vorbereitet oder improvisiert, zeugen von seinem brillanten rhetorischen Talent, seinem geistreichen Witz, seinem   nie verletzenden Humor und seiner feinen Ironie. Gepaart mit Schlagfertigkeit und Charme, Spontanität und Einfallsreichtum kommt man schnell zu der Überzeugung, dass er auch ein exzellenter Kabarettist mit Tiefgang geworden wäre. 

Ein Gewürfelter muss aber auch Wendig sein:
Trotz allen politischen und ehrenamtlichen Engagements war und ist Ulrich Maly auch erholsamen Stunden und kulinarischen Abenteuern nicht abgeneigt, auch wenn sein Tag dafür eigentlich mehr als 24 Stunden bräuchte. Eine vielversprechende Leidenschaft ist das Kochen, keinesfalls das Kochen auf kleiner Flamme, sondern: – da darf es schon etwas „mehr“ sein! Auch zum Kochen braucht es neben Geduld, Timing, Multitasking, und Improvisationsvermögen ein gutes Stück Wendigkeit – denn heutzutage gibt es ja überall Vegetarier, Veganer, Frutarier, Allergiker, Laktoseintolerante oder Glutenunverträgliche. Dann helfen nur noch Humor, Flexibilität und ein Frankenwein, der so trocken sein muss wie der Humor unseres heutigen Gewürfelten.

Frankenwein ist ein gutes Stichwort für das nächste Charakteristikum eines Gewürfelten, das Widersprüchliche. Die Frage „Bier oder Wein“ wäre ja eigentlich schnell beantwortet, wenn man wie er seit 2011 stolzer Besitzer des „Bayerischen Bierordens“ ist, aber als jemand, der während seines Studiums italienischen Wein verkauft hat, liebt er im Grunde seines Herzens doch den Wein, vielleicht sogar den fränkischen insbesondere aus Ipsheim.

Ulrich Maly verleugnet sein fränkisches, besser gesagt, sein Nürnberger Idiom nicht. Ganz im Gegenteil, er behält seine heimatverbundene Sprachfärbung auch bei höchst intellektuellen Ausführungen bei, so etwa das rollende R. Damit beweist er, dass Mundart und Intellektualität kein Widerspruch sind. Obwohl – oder gerade weil –  das Fränkische die Perfektion des Widersprüchlichen ist, man denke nur an die schönen Formulierungen „geh, bleib“ oder „fei gscheid bled“, das kann nur ein Franke verstehen, für den diese Formulierungen auch sicher gar keine Widersprüchlichkeiten sind.

Maly ist Franken – und speziell Nürnberg – immer treu geblieben, obwohl ihm x-fach „Höheres“ angetragen wurde und obwohl er eigentlich ganz gerne in die Ferne schweift – vorzugsweise nach Italien. „Urlaubs-Uli“ ist er deshalb in längst vergangenen Zeiten von einem anderen äußerst bekannten Nürnberger tituliert worden, ebenjenem, der ihn Jahre später und nach ungezählten Scharmützeln geläutert als „Lichtgestalt“ bezeichnet hat. 

Franken und Italien, d. h. bescheidene Zurückhaltung und überschäumende Lebensfreude, deftige Braten und feinste mediterrane Küche, Mittelmeer und Wöhrder See. Was widersprüchlich erscheint, ist es auf den zweiten Blick nicht, denn vehement bestreitet er, der vielzitierten „SPD-Toscana-Fraktion“ anzugehören, sondern sich eher in den uns viel näherliegenden italie-
nischen Bergen zu Hause zu fühlen.  

So müssen wir das Widersprüchliche doch noch an anderer Stelle suchen: Fündig werden wir beim Club, dem 1. FC Nürnberg, dem Ulrich Maly mit Leidenschaft und Leidensbereitschaft als Fan und Mitglied im Aufsichtsrat zugetan ist.  Clubberer zu sein, bedeutet Verlieren lernen – und das ist für einen erfolgsverwöhnten Oberbürgermeister tatsächlich ein ganz großer Widerspruch, besser gesagt: eine harte Schule. 

Lieber Herr Dr. Maly,

Sie verkörpern idealtypisch den witzigen, wendigen und widersprüchlichen Franken! Ich freue mich deshalb, Ihnen heute den Frankenwürfel 2020 zu verleihen und heiße Sie im Kreis der Gewürfelten herzlich willkommen mit einem Multifunktionswort, einem Wort, das Sie gerne mögen, das Gefühle in einem Begriff verdichtet und als völlig ausreichende Kommunikationsform in bestimmten Situationen dient: „Allmächd“, der Maly!

DR. THOMAS BAUER
Regierungspräsident von Mittelfranken