Auszeichnung: 2016 – Bad Windsheim
Laudatio
Wendig, witzig, widersprüchlich soll er sein, der gewürfelte Franke. Peter Kirchner aus Kirchlauter im Landkreis Haßberge ist heuer der „Neugewürfelte“ 2016 für Unterfranken; er erfüllt diese Vorbedingungen mit Bravour. Dass wir bei seiner Auswahl auf eine göttliche Eingebung vertrauen können, liegt nicht nur an seiner langjährigen Zugehörigkeit im örtlichen Pfarrgemeinderat und an seinem Einsatz in der örtlichen Kirchenverwaltung, sondern er trägt, – wie man sieht – seine Verbundenheit zur Kirche auch bereits in seinem Namen: der „Kirchner“ aus „Kirchlauter“.
Aber lassen wir zur Person unseres neu Gewürfelten Peter Kirchner zunächst die trockenen Fakten sprechen:
Bekannt geworden ist Peter Kirchner vor allem als Bürgermeister von Kirchlauter. Von 1978 Gemeinderat seiner Heimatgemeinde, von 1981 bis 1996 ehrenamtlicher, von 1996 bis zum Ruhestand im April 2008 hauptamtlicher Bürgermeister, seit 2008 nun Altbürgermeister von Kirchlauter. Offenbar liegt das „Bürgermeistern“ den Kirchners im Blut, waren doch – wie man hört – bereits der Großvater, der Urgroßvater und der UrUr-Großvater als örtliche Gemeindebürgermeister aktiv, was man durchaus schon als gewisse Familientradition bezeichnen kann.
Oder wie Peter Kirchner sich zu seiner Berufung immer selbst kurz vorstellte:
„Kirchner Peter, Bauernbürchermester aus Kirchlauter, der Kulturhochburg und Hauptstadt der Heiligen Länder.“
Apropos Heilige Länder, amtlich und frei nach Wikipedia: Die volkstümliche Bezeichnung Heilige Länder umfasst eine Region in den südlichen Haßbergen in Unterfranken. Als Mittelpunkt der Heiligen Länder gilt die Gemeinde Kirchlauter im Lautertal (Landkreis Haßberge). Die Herkunft dieses Begriffes ist unklar, reicht aber viele Jahrhunderte zurück. Sprachwissenschaftler sehen einen möglichen Zusammenhang mit einem westslawischen Wort „hellich“, das „hügelig“ bedeuten soll. Die „Heiligen Länder“ wären demnach in Wirklichkeit „Hügelige Länder“. Heilig klingt da natürlich deutlich besser, insbesondere im Zusammenhang mit dem Bürgermeisteramt von Kirchlauter.
Und dass Peter Kirchner dabei als langjähriger Bürgermeister sprichwörtlich durchaus auch mit einer gewissen Bauernschläue viel Gutes für seinen Heimatort und seine weiteren „Dörfer“ Neubrunn und Pettstadt geleistet hat, ist allgemein bekannt und wird auch von seinen politischen Weggefährten und sogar früheren Mitkonkurrenten um das Bürgermeisteramt so gesehen. So realisierte er beispielhaft die Erneuerung des Bachlaufs Lauter durch Neubrunn – noch zu Zeiten der D-Mark – bei ursprünglich veranschlagten Kosten von rund 1,4 Millionen DM für nur 172.000 DM, und bekam dazu auch noch staatliche Fördermittel. Auf diese Leistung in einem Hörfunkinterview des Bayerischen Rundfunks angesprochen bemerkte Peter Kirchner: „Wenn man das als „gewitzt“ ansieht, dann soll mir das ganz recht sein. Ich werde dafür bezahlt, dass ich für die Gemeinde denk, manchmal voraus, manchmal quer und dem versuche ich gerecht zu werden“. Ein erfolgreiches Amtsmotto, das kurzum seine persönliche Einstellung, sein Denkmuster und letztlich seine erfolgreiche Bürgermeistertätigkeit kennzeichnet. „Gewitzt“ und erfolgreich, beides vereint sich in der Person von Peter Kirchner. Dabei lag ihm ein gerechter Ausgleich unter den in der Gebietsreform zusammengespannten Dörfern immer besonders am Herzen.
Als Bürgermeister war und ist Peter Kirchner ein echter Franke. Seine Arbeit wurde etwa auch dadurch geadelt, dass er aufgrund seines Einsatzes für die Ortschaft Pettstadt beim Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ auf Bezirksebene die Goldmedaille erreichte. Ein Erfolg, der sicherlich auch durch seine langjährige Erfahrung im Kreisverband für Gartenbau und Landespflege Haßberge begründet ist.
Peter Kirchner, und das kommt jetzt von denen die ihn gut kennen, ist aber noch mehr: Fränkisches Schlitzohr, wendig, wie gesagt gewitzt, gradraus, ehrlich, aber auch eckig und kantig, so wie der Frankenwürfel. Von ausgeklügelten Gesprächsstrategien hat er nie was gehalten. Er wollte immer gleich auf den Punkt kommen, gradlinig und direkt. Telefongespräche mit ihm waren meistens kurz und wurden sehr schnell von ihm mit „und Tschüss“ beendet.
Zuhause ist Peter Kirchner – wie gesagt – in den Haßbergen, da wo auch die fränkische Bier-/Wein-Grenze verläuft – und Peter Kirchners Heimat gehört schon zu „Bierfranken“. Und so ist es verständlich, dass er stets eher nach Bier denn nach Wein gefragt hat, wenn es „ans Sitzen“ ging. Mit einem Weinglas wurde er in der Tat eher selten gesehen. Selbst in der Sitzung des Wasserzweckverbands sorgte er für Bier, ein Verband der bekanntlich auch für gutes Wasser steht. Seit Peter Kirchner im Ruhestand und nicht mehr Mitglied der Verbandsversammlung ist, gibt es dort wieder Wasser, frisch aus dem Leitungshahn. Vorbildlich für einen Trinkwasserzweckverband, aber unter Peter Kirchner undenkbar. Dabei bleibt noch zu erwähnen, dass der Wasserzweckverband Veitensteingruppe unter dem Vorsitz Kirchners zu einem Vorzeigebetrieb wurde, der auch noch Teile Oberfrankens über sein eigentliches Gebiet hinaus versorgt, trotz Sitzungsbieres.
Ein Peter Kirchner vergisst auch nicht, wer den „Heiligen Ländern“ Gutes getan hat. Zum Beispiel bei der Dorferneuerung, für die sich Kirchner besonders eingesetzt hat. Rolf Richter, lange Jahre Präsident des Amtes für ländliche Entwicklung in Würzburg, ist auf einem Straßenschild verewigt. Ein Kirchner macht es möglich. Der Neubrunner Dorfplatz wurde in „Rolf-Richter-Platz“ benannt. Eine Ehre, die mir als Regierungspräsident bislang leider versagt geblieben ist. Ich hoffe da selbst noch auf künftige Frankenwürfelträger.
Nicht nur seine bürgermeisterlichen Reden würzte Peter Kirchner gerne mit Zitaten aus der Bibel, und natürlich versuchte er sich dabei schon gar nicht in einem gekünstelten Hochdeutsch. Fränkisch-Frei kommt es bei ihm heraus, er bietet Gedichte für jede Gelegenheit, und den Sechstklässlern der Realschule in Ebern gab er sogar Unterricht in Mundart. Heimische Mundartwörter wie „Schemäla“, „Potschambä“, „Ziebälich“ (kleine Hühner) oder „Wiewälich“ (passend für heute: kleine Gänse) wurden so zum „handlungsorientierten Unterrichtsgegenstand“.
Peter Kirchner, als Imker und Gastfreund: Peter Kirchner ist ein begnadeter Hobbyimker. Seine Honigprodukte sind heiß begehrt. Keiner seiner Gäste geht bei ihm nach Hause ohne ein Glas Honig aus der eigenen Imkerei oder einen Honig-Met-Wein. Anlässlich des Abschlussfestes der Flurbereinigung Kirchlauter-Neubrunn in der „Heilig-Länder-Halle“ in Neubrunn erhielt sogar jeder Gast ein kleines Honigpräsent und, der Saal war voller Gäste.
In der Nähe seines Wohnhauses steht ein Lehrbienenstand, einzigartig im Landkreis Haßberge und von Peter Kirchner maßgeblich mitinitiiert und mitgestaltet. Jeder junge Imker muss dort auch die Schule der Imkerei durchlaufen, wobei Peter Kirchner als Vorsitzender des Imkervereins Kirchlauter immer behilflich ist. Selbstverständlich trägt er die Themen der Imkerei auch in die Politik und lädt immer wieder nach Kirchlauter ein wie vor kurzem beim Imkertag des CSU-Kreisverbandes Haßberge im April. Gekommen war – ja auch diesen Posten gibt es – die Bienenpolitische Sprecherin der CSU-Landtagsfraktion Tanja Schorer-Dremel.
Und Peter Kirchner verzweifelt auch nicht, wenn der Honig hart ist wie Zement. Zitat Peter Kirchner: „Mit diesem Honig kann man höchstens Verbrecher in die Flucht schlagen, aber nie im Leben ein Honigbrot schmieren“. Einen gewitzten Imker wie Peter Kirchner kann so ein Zementhonig nicht aus der Fassung bringen. Erst hat er ihn dem Nürnberger Tiergarten für die Fütterung an die Bären angeboten. Die waren aber schon eingedeckt mit einem großen Angebot an „Zementhonig“. So schnitt Peter Kirchner seinen Zementhonig in kleine Stücke – und schon war er geboren: „Peters Honigkaugummi.“ Und wohin mit der Kaugummimenge? Er verpackte seinen Honigkaugummi und verschickte ihn an SOS Kinderdörfer. Die nahmen ihn begeistert an.
Peter Kirchner als Familienmensch: Die Kirchners haben vier Kinder und mittlerweile 12 Enkel. Eine Zahl, auf die Peter Kirchner durchaus stolz ist. In einem seiner Gedichte Peter Kirchner dazu selbst:
„Jetzt endlich hab` ich ihn gefunden, den schönsten Job, den der Herrgott schuf.
Voller Stolz tu ich verkünden: „Opa“ ist mein Traumberuf!“
Es soll sogar eine Korrespondenz mit der örtlichen Prominenz aus dem Kirchlauterer Schloss, Franz Ludwig Schenk Graf von Stauffenberg geben, wer in der Enkelzahl gerade vorne liegt. Als bekennender „Kirchner-Opa“ hat Peter Kirchner jedenfalls keine Langeweile.
Aus der familiären Kirchner-Werkstatt gibt es übrigens auch die berühmten Kirchner-Krawatten, die passend zu den verschiedenen Anlässen getragen wurden. Da gibt es dann eine Krawatte für Sitzungen des Trinkwasserzweckverbands oder auch eine Danke-Krawatte. Letztere trug er etwa auch, als er im Juli 2011 das Bundesverdienstkreuz bekam. Mal schauen, welche Krawatte heute an der Reihe ist, bei der Verleihung des Frankenwürfels 2016 an Peter Kirchner aus Kirchlauter, Hauptstadt der „Heiligen Länder“.
Lieber Peter Kirchner, herzlichen Glückwunsch und willkommen im Kreise unserer Gewürfelten Franken.
Dr. PAUL BEINHOFER
Regierungspräsident von Unterfranken