Zum Inhalt springen

Herbert Eckstein, Wendelstein (Mittelfranken)

Auszeichnung: 2023 – Thurnau

Laudatio

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Alt- und Neugewürfelte,
alea iacta est – der „ewige Landrat“ ist in diesem Jahr der neue Gewürfelte für Mittelfranken, was ja eigentlich schon wegen seines Nachnamens naheliegt: sowohl Herbert Eckstein als auch der Frankenwürfel haben Ecken und Kanten.

Lieber Herr Eckstein, wer Sie kennt, der weiß: Sie sind Vollblutpolitiker durch und durch. Die Politik hat Sie schon sehr früh begeistert.

  • bereits mit 22 Jahren waren Sie Gemeinderat in Ihrer Heimatgemeinde, dem Markt Wendelstein,
  • mit 28 zusätzlich Kreisrat im Kreistag Roth,
  • mit 34 Zweiter Bürgermeister von Wendelstein
  • und von 1990-1993 Abgeordneter des Bayerischen Landtags.

Nach dem plötzlichen Tod von Landrat Hutzelmann wurden Sie am 31.10.1993 – damals für alle überraschend – zum Landrat des Landkreises Roth gewählt. Sie wurden jeweils mit überwältigenden Mehrheiten jenseits der 70 % insgesamt 4mal wiedergewählt bis Sie nach fast 30 Jahren im Amt Ende März dieses Jahr als dienstältester Landrat aus dem aktiven Dienst ausgeschieden sind. Wenig später – im April 2023 – wurden Sie vom Kreistag einstimmig zum ersten Altlandrat des Landkreises Roth gekürt.

Ihre unzähligen Ämter und Funktionen aufzuführen, würde heute den Rahmen sprengen. Diese wurden auch von den Medien und dem Bayerischen Landkreistag gebührend gewürdigt. Deshalb will ich mich heute auf einige Positionen beschränken, die Sie mit voller Leidenschaft ausgeübt haben:

  • Vizepräsident und Schatzmeister im bayerischen Landkreistag und das mehr als 20 Jahre lang,
  • Bezirksvorsitzender der mittelfränkischen Landräte
  • Sparkassen-Verbandsrat
  • Vorsitzender des Verwaltungsrats der Kreisklinik Roth,
  • Sprecher von „Original Regional“,
  • Gründungsmitglied des Bayerischen Innovationsrings

Lieber Herr Eckstein,
Ihre Vita ist wahrlich sehr beeindruckend, aber um „Gewürfelter“ zu werden, braucht es noch mehr, nämlich die berühmten 3 „Ws“: Wendigkeit, Witzigkeit und Widersprüchlichkeit.
Ihre Wendigkeit zu beschreiben, fällt nicht besonders schwer.

Mit Wendigkeit ist nicht gemeint, ein „Fähnlein im Wind“ zu sein, „Es allen Recht zu machen“ oder gar ein „Wendehals“ zu sein. Das alles träfe bei Ihnen auch überhaupt nicht zu.
Gemeint ist vielmehr die Fähigkeit, sich den ständig wechselnden Situationen anzupassen und Chancen, aber auch Risiken frühzeitig zu erkennen. Und das, lieber Herr Eckstein, war schon immer Ihre besondere Stärke.

Als 37-jähriger SPD-Landrat haben Sie sich in dem – damals noch sehr konservativen und ländlich strukturierten – Landkreis Roth bestens etabliert. Sie haben von Wahl zu Wahl bessere Ergebnisse erzielt, immer jenseits der 70%-Marke – bis irgendwann alle anderen Parteien darauf verzichtet haben, überhaupt einen Gegenkandidaten zu stellen.

Dass der Landkreis Roth heute gut dasteht, schuldenfrei ist, die niedrigste Arbeitslosenzahl und kerngesunde mittelständische Betriebe hat, das ist vor allem auch Ihr Verdienst.

Aber was genau ist das Erfolgsgeheimnis von „Herbert Eckstein“?
Als Viel-Leser sind Sie immer bestens über Entwicklungen und Trends informiert. Ihr fundiertes Wissen gepaart mit Ausdauer und Hartnäckigkeit hat Ihnen geholfen, frühzeitig wegweisende Entscheidungen zu treffen, wo andernorts noch nicht einmal das Problem oder die Chance erkannt worden sind.

Zum Beispiel die frühzeitige Festlegung auf ein einziges leistungsfähiges Krankenhaus im Landkreis.
Oder die Gründung einer der ersten Energieberatungsagenturen im Freistaat im Jahr 1995, der Unternehmerfabrik im Jahr 1997 oder des Pflegestützpunktes im Jahr 2011. Ein besonderer Meilenstein für den Landkreis Roth war sicherlich auch das neue Gymnasium in Wendelstein.

Lieber Herr Eckstein,
ohne Ihr politisches Gespür, ohne Ihre Weitsicht wären diese und viele andere wegweisenden Entscheidungen für den Landkreis Roth nicht getroffen worden. Auch die verschiedenen Krisen während Ihrer Amtszeit – und da gab es einige – haben Sie bestens bewältigt.
Das zweite Erfolgsgeheimnis von Herbert Eckstein ist seine Nähe zu den Menschen, das Gesellige, die Bereitschaft, Tag für Tag, Wochenende für

Wochenende unterwegs zu sein „um jene zu loben, die im Innersten einen Landkreis zusammenhalten“.
Liebe Frau Lades-Eckstein:
seit 1984 sind Sie mit Herbert verheiratet und seine Stütze in allen Lebenslagen. In all den Jahren mussten Sie oft auf Ihren Mann verzichten: kein Top-Ereignis wie der Challenge Roth oder der Flecklas-Fasching, aber auch kein Schafkopfturnier beim legendären Saufest in Kleinottersdorf, bei dem Ihr Mann natürlich die Sau spendiert, keine Schlachtschüssel bei einer Freiwilligen Feuerwehr im Landkreis ohne „Herbert“.

Für Ihren Mann sind die kleinen alltäglichen Begegnungen mindestens genauso wertvoll wie die großen Termine. Die Würdigung des Ehrenamts liegt ihm besonders am Herzen. Deshalb hat er auch noch nie den Zieleinlauf beim Challenge miterlebt, weil es ihm wichtiger ist, von frühmorgens bis nachts den vielen fleißigen Helferinnen und Helfern entlang der Wettkampfstrecken Wertschätzung zu zollen.

Egal ob Versammlung der örtlichen Feuerwehr oder Jubiläum des kleinen Sportvereins. Als Landrat hat sich Herbert Eckstein immer gerne unter die Gäste gemischt und tut dies – was man so hört – auch heute noch. Wenn man Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Roth oder enge Weggefährten befragt, bekommt man Aussagen wie:

  • „Der Herbert steht zu seinen Aussagen wie der Fels in der Brandung“,
  • „Man kann sich 1.000%ig auf ihn verlassen“,
  • „Kennt mindestens die Hälfte der 130.000 Landkreisbürger mit Namen“.

Diese Präsenz in der Bevölkerung, also Wendigkeit im weitesten Sinne, hat dazu geführt, dass am Ende von 30 Jahren Amtszeit mit höchster Anerkennung, fast schon ehrfürchtig, von Herbert Eckstein gesprochen wird. Bei einer Umfrage, was die Menschen mit dem Landkreis Roth verbinden, kam vor einigen Jahren heraus, dass dies vor allem der Triathlon und der Rothsee sind – unangefochtene Antwort Nummer 1 war aber: Landrat Herbert Eckstein.
Kommen wir zum zweiten „W“, dem Witz, mit dem Herbert Eckstein schon immer viele Menschen erreicht hat und für sich „gewinnen“ kann.

Ihm ist es zu verdanken, dass es im Landkreis Roth den ersten deutschen WitzeWanderWeg gibt. An 20 Vollpfosten können Wanderer Video-Witze von fränkischen Kabarettisten abrufen. Die Idee hatte Oliver Tissot, aber dass der Weg in der Gemeinde Rohr beginnt, ist Ecksteins Witz zu verdanken: der dortige Bürgermeister heißt nämlich Felix Fröhlich.

Herbert Eckstein verkörpert aber auch den fränkischen Witz, das Gewitzt-Sein im Sinne von Erfindungsgeist und Einfallsreichtum. Pressack-Wettbewerb auf der Freizeitmesse, Karpfen-Genießertour, Saufest mit Schafkopf in Kleinottersdorf, Landkreis-Seniorenfasching und Vieles mehr – lieber Herr Eckstein, Sie haben unzählige Ideen in Ihrem Landkreis und darüber hinaus verwirklicht.

Als weitsichtiger Vordenker haben Sie Projekte angestoßen, an die andere noch gar nicht dachten. Das, was Sie als Viel-Leser aus verschiedensten Zeitungen oder vor Ort an Ideen oder Problemen mitbekommen haben, war im Landratsamt oft schon am nächsten Tag auf Ihren berühmt-berüchtigten gelben Post-it-Zetteln zu finden, mit denen Sie die ganze Landkreisverwaltung stets auf Trab hielten. Überhaupt ist Herbert Eckstein eher analog als digital.

Womit wir auch schon beim 3. „W“ angelangt wären: widersprüchlich.
Wenn ein Politiker in der heutigen Zeit so erfolgreich ist, fragt man sich schon – wie kann das ohne social media funktionieren? Ein Herbert Eckstein braucht kein Facebook, Instagram, TiKToK & Co – denn er sucht immer den direkten Kontakt zu den Menschen. Und findet dabei auch stets die richtigen Worte. Er setzt auf Inhalte und nicht auf Show, hat ein

gut ausgeprägtes Selbstbewusstsein – ist andererseits aber durchaus selbstironisch.
Herbert Eckstein ist ein Genussmensch in jeder Hinsicht, er lebt das Motto „Original Regional“, ist aber auch da nicht frei von Widersprüchen. Schrotkur in Oberstaufen, Rosenkohl und Spargel liebt er genauso wie Schlachtschüssel, Pressack und Karpfen. Obwohl er kein „Süßer“ ist, sind Gummibärchen nicht vor ihm sicher.
Widersprüchlich ist er auch bei seiner großen Leidenschaft, dem Fußball und dem Schiedsrichten, wo er es sogar bis zur Landesliga geschafft und teilweise noch als Landrat Spiele geleitet hat. Obwohl selbst so erfolgsverwöhnt, ist Herbert Eckstein seit jeher begeisterter Fan des 1. FC Nürnberg und damit viel Kummer gewohnt.

Herbert Eckstein redet immer Klartext, natürlich auf fränkisch. Wenn er in Hochform ist, geht alles „rüber und nüber“. Er pflegt seinen fränkischen Dialekt aus Überzeugung, genießt aber dennoch überregionale Reputation.
Harte Schale, weicher Kern, auch das ist charakteristisch für Herbert Eckstein. Altfränkisch und beharrlich, stur und polternd auf der einen Seite, verständnisvoll und mitfühlend auf der anderen Seite. Menschen, die ihn näher kennen, wissen das. Sehr bewegt haben ihn in den letzten Jahren Krankheiten und Todesfälle in seinem engsten Umfeld.

Lieber Herr Eckstein,
Sie verkörpern nicht nur in fast idealtypischer Weise die drei fränkischen „W“s! Sie sind Franke durch und durch, mit allen sprachlichen, kulinarischen und sportlichen Vorlieben zutiefst in der fränkischen Heimat verwurzelt!
Nur im Urlaub schaffen Sie es ganz weit weg! Sage und schreibe 260 Kilometer, also unfassbar weit, bis nach Oberstaufen, den alljährlichen Urlaubsort, oder manchmal sogar bis nach Südtirol.

Als Regierungspräsidentin von Mittelfranken und auch als ehemalige Abteilungsleiterin von Ihnen am Landratsamt freut es mich natürlich besonders, dass ich Ihnen heute den Frankenwürfel 2023 verleihen darf.
Herzlichen Glückwunsch und herzlich willkommen im Kreis der Gewürfelten!


DR. KERSTIN ENGELHARDT-BLUM
Regierungspräsidentin von Mittelfranken