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Erwin Kolb – Pfofeld (Mittelfranken)

Auszeichnung: 2005 – Kreuzberg

Laudatio

Eine Laudatio zu halten heißt, die prägenden Eigenschaften einer Persönlichkeit herauszuarbeiten. Wie lässt sich also unser mittelfränkischer Preisträger am Besten charakterisieren?

Vielleicht sollten wir einfach beim Buchstaben »P« bleiben, das harte fränkische B, »P wie Preisträger«. Denn Erwin Kolb ist eine Persönlichkeit voller Power, ob nun als Pfofelder Bauer – und dies ein Leben lang, wenn auch mittlerweile als Pensionär –, ob als Posaunist im Posaunenchor und im Pfofelder Blechla – mit der Hingabe eines langen musikalischen Lebens – oder als Prediger und Kirchen-Parlamentarier bzw. als Pfarrer, das heißt um genau zu sein, als Dämpfer-Pfarrer. –

Doch der Reihe nach:

Erwin Kolb wurde 1929 als Landwirtssohn in Pfofeld geboren. Hier wuchs er auf, hier heiratete er im Jahre 1951 und blieb sein Leben lang nicht nur seiner Ehefrau, sondern auch der Landwirtschaft treu – auch wenn er zwischenzeitlich den Hof an seinen Schwiegersohn übergeben hat.

Schon als Landwirt zeigte sich Erwin Kolb von seiner wendigen Seite und sagte über sich selbst: »Ich bin ein Ochsenbauer, aber mit mir kann man Pferde stehlen.« Auf dem Pferd saß er erstmals 1949, als er beim traditionellen Flurumritt in Pfofeld teilnahm. Dazu besorgte er sich eine Lederhose, die aber viel zu klein war und die ihm nach dreistündigem Ritt den eineinhalbstündigen Tanz von »Zwiefachern« und »Schweinauern « zur Qual werden ließ. Immerhin hat er mit seiner Lederhose und dem Dreispitz bewirkt, dass sich in den Folgejahren immer mehr Männer eine Tracht nähen ließen. Für den Flurumritt, der nur alle 12 Jahre stattfindet, gelten übrigens nach wie vor strenge Regeln: Mitmachen dürfen nur geborene Pfofelder, also keine Langlauer etwa und keine Männer aus anderen Gemeindeteilen – auch wenn sie im Gemeinderat sind – und keine Frauen.

Musizieren darf nur der »Kolb’s Erwin« mit seinem Pfofelder Blechla. Doch dazu später. überhaupt wurde Erwin Kolb die Kultur gewissermaßen in die Wiege gelegt. Er selbst umschreibt das so: »I bin aweng a Kulturmensch.« Er nahm die Kultur gewissermaßen im Schlaf in sich auf, denn schließlich schlief er fünfzig Jahre direkt auf den Resten des Limes. Mitten durch sein Geburtshaus verläuft nämlich die von den Römern erbaute Grenzbefestigung. Und nach den Beobachtungen seiner Nachbarn verfährt er so, wie es einst schon sein Vater hielt, wenn Fremde sich nach dem Verlauf des Limes erkundigten: Er geht mit ihnen einfach ein Stück des Wegs, und führt sie sozusagen auf den rechten Pfad.

Um diesen rechten Pfad bemühte er sich auch auf einem anderem Gebiet. Denn besonders engagiert zeigte sich Erwin Kolb auch in der Evangelischen Kirche. Seine Stimme erklang nicht nur jahrzehntelang im Kirchenchor seiner Kirchengemeinde. Er versah auch in den Jahren 1977 bis 1997 in über 40 Kirchengemeinden des Altlandkreises Gunzenhausen und darüber hinaus das Ehrenamt eines Lektors im Evangelischen Dekanat Gunzenhausen. Von 1984 bis 1990 war er zunächst stellvertretendes Landessynodalmitglied im Kirchenparlament der Evangelischen Landeskirche von Bayern und von 1990 bis 1996 war er stimmberechtigtes Landessynodalmitglied in der Landessynode.

Wer einerseits so engagiert seinen Beruf ausübt und ebenso engagiert in seiner und für seine Kirche lebt, der braucht natürlich auch einen Ausgleich: Für Erwin Kolb ist das, auch schon fast ein ganzes Leben lang, die Musik, genauer gesagt die fränkische Volksmusik. Im Jahr 1946, also vor fast 60 Jahren, war er mit dabei, als es darum ging, den Pfofelder Posaunenchor wieder zu gründen. Noch heute spielt er mit einem wohl einmaligen Instrument, einem Helikon, den Tiefbass im Chor.

1955 gründete Erwin Kolb das »Pfofelder Blechla«, um die Tradition der fröhlichen fränkischen Volksmusik aufrechtzuerhalten. Mit dieser Gruppe spielt er »echte« fränkische Volksmusik, vor allem »Zwiefache« und »Schweinauer«. Seit sein Schwiegersohn beim »Pfofelder Blechla« eingestiegen ist, spielt Erwin Kolb statt der Tuba das Tenorhorn. Den Unterschied erklärt er für musikalische Laien anschaulich so: »Früher hab ich »Hump« gemacht, jetzt mach ich »Ta«. Als die Landessynode in Ansbach tagte, hatte der damalige Ansbacher Dekan Sommer die schwere Wahl, welche von den vielen Musikgruppen im Dekanat an einem Gesellschaftsabend der Synode mitwirken sollte.

Er entschied sich diplomatisch für den Ausweg und befahl dem Pofelder Synodalen: »Du mit Deinem Blechla!«. Aber es war Passionszeit und für den Dekan war klar, dass ein richtiger fränkischer Protes-tant in der Passionszeit keinen Fuß hebt.

Doch nachdem dem echten Franken das »Widersprüchliche« nicht wesensfremd ist und die Pfofelder nichts anderes so gut spielen konnten wie einen »Zwiefachen« oder einen »Schweinauer«, haben sie das auch an diesem Abend mit Erfolg so getan.

Landesbischof Dr. Johannes Hanselmann, ein Mann aus dem benachbarten Ries, fand die Musikanten ganz toll und wollte »Bandleader« Erwin Kolb danken, indem er ihn mehrmals von hinten am Kittel zupfte. Der aber sah den prominenten Gratulanten nicht und fuhr ihn ungeduldig an: »Etz wart halt a bissla.«

Seit 1978 gehört Erwin Kolb auch der Arbeitsgemeinschaft Fränkische Volksmusik an. Seit Jahren führt er gemeinsam mit dem Kulturamt der Stadt Gunzenhausen in der Stadthalle die Veranstaltung »Fränkische Weihnacht« durch.

überhaupt ist er vielfältig in seiner Heimatgemeinde gesellschaftlich aktiv gewesen. Sechs Jahre war er im Gemeinderat Pfofeld, seit 1935 ist er Mitglied im TSV Pfofeld und begleitete 15 Jahre die Sparte »Faustball« im Verein. Zudem war er aktiver Feuerwehrmann in Pfofeld, Mitbegründer der FFW-Löschgruppe Gundelshalm und nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Feuerwehrdienst sechs Jahre lang Vorstand der Freiwilligen Feuerwehr Pfofeld. 28 Jahre lang war er zudem Aufsichtsratsvorsitzender der Raiffeisenbank Pfofeld.

Ein Geheimrezept, wie er seine vielen Beschäftigungen unter einen Hut bekommt, hat er nicht. Doch er räumt ein, dass einer Person großer Anteil daran gebührt: »Nur weil meine Frau die Arbeit macht, kann ich mir den Spaß leisten.« Der »Spaßfaktor« hat jedenfalls immer eine hohe Bedeutung für ihn gehabt: »Bei mir muss es luschdi zurgeh! « sagt er. Die Menschen mit seinem Humor aufzumuntern, das ist ihm angeboren. Tauernwitze sind das Schönste«, sagt er und wenn er loslegt, dann funkeln seine Augen und wenn er den Witz schon öfter erzählt hat, muss er zuweilen schon vorher über die Pointe lachen. Bei alle dem blitzt seine theatralische Begabung durch.

Porträtiert wurde der Kolb’s Erwin auch schon fürs Bayerische Fernsehen, wobei die Nachbarn sofort mutmaßten: »Heut’ filmt ihr wohl den Dämpferpfarrer!«. Diesen Ehrentitel hat Kolb bekommen, weil er viele Jahrzehntelang die Kartoffeldämpferkolonne betreut hat, die im Herbst von Ortschaft zu Ortschaft unterwegs war, um mit einem großen Kartoffeldämpfer die Silage für das Winterfutter zu bereiten.

Das Fernsehteam hat Kolb auch beim »Mistlachfahren« (Gülle fahren) gezeigt. Und damit sahen die Zuschauer, dass ein Synodaler auch ein Bauer sein kann, der sonntags als Lektor auf die Kanzel steigt. Sein Leben lang ließ er sich von seinem persönlichen Leitspruch führen, der lautet: »Zufriedenheit ist mein Vergnügen, das andere lass ich alles liegen.«

Ich begrüße sehr herzlich Erwin Kolb im Kreise der Gewürfelten!

KARL INHOFER
Regierungspräsident von Mittelfranken